Serie: Künstliche Intelligenz im Holzbau – Teil 2

KI im Holzbau: Anwendungen und Entwicklungen

Michel Vo  | 09.05.2025  | Lesezeit: reading time goes here

Künstliche Intelligenz ist in aller Munde – aber wie relevant ist sie für den Holzbau? Vom Design bis zur Qualitätssicherung: Wir zeigen dir anschaulich und praxisnah, in welchen Bereichen KI schon bald auch deinen Arbeitsalltag verändern kann und welche Projekte dabei die Zukunft mitgestalten.

Bild: Aktuelle Anwendungen und Entwicklungen zur Künstlichen Intelligenz im Holzbau
Digitale Tools mit KI-Unterstützung sind in vielen Arbeitsbereichen im Holzbau einsetzbar. | © 2020 RossHelen/Shutterstock.com

Künstliche Intelligenz – auch bald Thema im Holzbau?

In der Filmreihe Iron Man unterstützt eine KI namens J.A.R.V.I.S. die Hauptfigur Tony Stark bei komplexen Aufgaben und Entscheidungen. Was dort als technisch hochentwickeltes Zukunftsszenario dargestellt wurde, ist längst in unserem Alltag angekommen. Künstliche Intelligenz (KI), auch bekannt als Artificial Intelligence (AI), wird heute in zahlreichen Bereichen eingesetzt – von der Industrie über die Medizin bis hin zum Finanzwesen. Intelligente Systeme übernehmen zunehmend Aufgaben, die früher ausschließlich von Menschen erledigt wurden.

Auch im Handwerk ist diese Entwicklung spürbar: Chatbots wie ChatGPT oder DeepSeek können dir schon heute beim Formulieren von E-Mails oder der Erstellung von Angeboten helfen, während die eigens für das Handwerk entwickelte KI-Bürokraft HalloPetra sogar bereits Anrufe entgegennehmen kann. Das sind nur einige Beispiele, wie sich digitale Helfer in deinem Arbeitsalltag anwenden lassen – wir haben in einem eigenen Blogartikel die besten KI-Tools fürs Handwerk zusammengestellt.

Doch wie sieht es im Holzbau aus? Die Antwort: Künstliche Intelligenz kommt hier zurzeit noch nicht flächendeckend zum Einsatz. Zwar arbeiten die meisten Betriebe digital und nutzen etwa CAD-Programme oder CNC-Maschinen, auf den Holzbau spezialisierte KI-Lösungen sind aktuell aber noch die Ausnahme.

Dabei ist das Potenzial enorm, wie diverse kreative und ambitionierte Forschungsprojekte beweisen. Daher dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis Künstliche Intelligenz auch im Holzbau ankommt. In diesem Artikel stellen wir dir mögliche Anwendungsbereiche vor, in denen KI künftig oder sogar schon jetzt von Holzbauern oder Zimmerinnen verwendet werden kann.

Mit wenigen Klicks zum Konzept: Holzbau-Design mit KI

Gute Planung beginnt mit einer starken Idee – bei diesem kreativen Prozess kann dich auch Künstliche Intelligenz unterstützen. Bildgeneratoren wie Midjourney oder DALL·E erzeugen aus einfachen Texteingaben fotorealistische Visualisierungen von Gebäuden, Grundrissen oder Fassaden. So lassen sich in Sekundenschnelle erste Gestaltungskonzepte entwickeln oder Varianten ausprobieren, etwa um Kund*innen unterschiedliche Dachformen oder Fassadenlösungen zu veranschaulichen. Bei der Visualisierung bietet sich ebenso der Einsatz von Augmented Reality (AR) ein.

Und auch bei der klassischen CAD-Software tut sich einiges: Viele Anbieter haben bereits damit begonnen, Künstliche Intelligenz in ihre Programme zu integrieren. Gerade der Branchenriese Autodesk bietet nicht nur erste KI-Funktionen an, sondern investiert zusätzlich gezielt in weitreichende Forschung und betreibt ein eigenes AI Lab, welches bisher knapp 50 wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht hat.

Ein weiteres spannendes Beispiel ist das Startup Daisy AI: Dessen gleichnamiges Tool generiert in nur 30 Minuten aus einem leeren Grundriss einen produktionstauglichen Tragwerksplan – inklusive Statik, Materialberechnung und Kostenschätzung. Für Holzbaubetriebe bedeutet das im Idealfall viel Zeit- und Geldersparnis.

KI und BIM: Der digitale Zwilling denkt mit

Building Information Modeling – kurz BIM – wird oft mit Computer Aided Design (CAD) verwechselt. BIM beschreibt aber mehr als nur ein 3D-Modell: Vielmehr handelt es sich um ein digitales Abbild eines gesamten Gebäudes, womit ein Bauprojekt von Anfang bis Ende modelliert, geplant und koordiniert werden kann. Anders als klassische Baupläne umfasst ein BIM-Modell daher nicht nur die bloße Geometrie aller Bauteile, sondern auch zusätzliche Informationen wie Holzart, Querschnitt, Schichtaufbau, Kosten und Einbauzeitpunkt. So wird beispielsweise sichtbar, welche Wände in welchem Bauabschnitt errichtet werden müssen und wie viele Arbeitskräfte dafür nötig sind.

Mit Künstlicher Intelligenz lässt sich diese digitale Modellierung noch weiter optimieren: Je mehr Daten im BIM-Modell enthalten sind, desto größer ist das Potenzial für automatisierte Auswertungen, zum Beispiel zur Mengenberechnung, Bauzeitenplanung oder Kollisionsprüfung. KI kann dann auf Basis von Erfahrungswerten und vorangegangenen Projekten konkrete Entscheidungen wie etwa den idealen Montageablauf vorschlagen.

Ein Beispiel dafür ist das Forschungsprojekt BIMKIT. Hier werden Verfahren entwickelt, mit denen KI aus bestehenden Datenquellen (z. B. 2D-Plänen, Punktwolken, Bildern oder Textdokumenten) automatisch ein digitales Bestandsmodell generieren kann. Auch die Aktualisierung vorhandener Modelle soll automatisiert erfolgen. Ziel ist ein durchgängiges, standardisiertes Datenmodell, das mit offenen Schnittstellen und hoher Datensicherheit auch sensible Bauwerksdaten verlässlich abbildet.

Weniger Verschnitt, mehr Nachhaltigkeit: KI bei der Materialoptimierung

Holz ist ein wertvoller wie auch teurer Rohstoff. Deshalb zählt jeder Zentimeter, den man beim Zuschnitt einsparen kann. Genau hier kommt Künstliche Intelligenz ins Spiel: Mit der richtigen Datenbasis ist KI in der Lage, automatisch Zuschnittpläne zu berechnen, die den Materialeinsatz optimieren. Statt Standardmuster zu verwenden, berücksichtigt die Künstliche Intelligenz dann die Maße, Formen und Besonderheiten der Bauteile und errechnet daraus die wirtschaftlichste Aufteilung.

Zwei Forschungsprojekte zeigen besonders eindrucksvoll, wie das künftig funktionieren kann. Beim Projekt AI Timber, an dem unter anderem das MIT beteiligt ist, werden rohe, unregelmäßig gewachsene Holzstämme nicht wie üblich besäumt, sondern in ihrer natürlichen Form kombiniert. Eine KI analysiert hierzu die Krümmung und Struktur der einzelnen Teile – so bleibt mehr vom ursprünglichen Stamm erhalten und der Rundholzbedarf sinkt um bis zu 30 %.

Einen anderen Weg geht das Projekt ReSidual des Karlsruher Institut für Technologie (KIT): Hier geht es um die Wiederverwendung von Verschnitt aus der Produktion. Eine künstliche Intelligenz erkennt dabei geometrisch passende Reststücke und fügt diese dann – auch mithilfe robotischer Fertigungsmethoden – zu neuen Bauteilen zusammen. Das Ergebnis: Individuell gefertigte Tragwerke aus Restholz, die sowohl ökologisch als auch funktional überzeugen.

Mensch und Maschine: Wie KI die Fertigung verändert

Ob Abbundanlage oder Montagestation – in der Werkhalle entscheidet sich, wie effizient ein Holzbauprojekt wirklich läuft. Mithilfe Künstlicher Intelligenz sollen sich derartige Produktionsprozesse schon bald optimieren lassen, etwa bei der Maschinensteuerung oder der Sicherheit am Arbeitsplatz.

Wie das aussehen könnte, zeigt ein Projekt des Mittelstand-Digital Zentrums Chemnitz: Hier soll ein KI-Modell durch gezieltes Training erkennen, welche Tätigkeit ein Mitarbeiter gerade ausführt – z. B. Bohren, Heben oder die Bedienung einer bestimmten Maschine. So lassen sich riskante Situationen in der Mensch-Maschine-Interaktion frühzeitig erkennen und Arbeitsprozesse ergonomischer gestalten. Gleichzeitig lassen sich daraus Potenziale für die Optimierung von Wegstrecken und eine effizientere Arbeitsplatzgestaltung ableiten.

Und auch bei der CNC-Steuerung kann KI deutlich mehr leisten als das bloße Abarbeiten fester Programmschleifen. Intelligente Algorithmen analysieren Bearbeitungsdaten aus vergangenen Projekten und optimieren daraus in Echtzeit die Bearbeitungsstrategie. So werden Vorschübe, Drehzahlen oder Schnittreihenfolgen automatisch an das aktuelle Werkstück angepasst. Das Ergebnis: Präzisere Schnitte, verringerter Ausschuss – und weniger Arbeitsaufwand für Holzbauerinnen und Holzbauer.

Ein Blick nach vorn zeigt: Solche Systeme dürften nur der erste Baustein für eine autonome Baustelle sein, auf der Roboter selbstständig montieren, planen und mitdenken – gesteuert durch Mensch und KI.

Mit KI zur besten Qualität im Holzbau

Im modernen Holzbau spielen technische Hilfsmittel eine immer wichtigere Rolle, um höchste Qualität sicherzustellen. Ergänzend zu handwerklichem Können und Erfahrung könnten in Zukunft auch innovative Technologien wie Künstliche Intelligenz eine wertvolle Unterstützung bieten.

Am Fraunhofer-Institut wird aktuell etwa ein KI-basiertes Oberflächeninspektionssystem für Holzplatten entwickelt, das die manuelle Sichtkontrolle in der Produktion ersetzen soll. Zum Einsatz kommt dabei ein hybrider Ansatz: Klassische Bildverarbeitung wird mit Deep-Learning-Algorithmen kombiniert, um typische Fehler wie Kratzer, Leimüberschüsse oder Verfärbungen zuverlässig zu erkennen – selbst bei winzigen Abweichungen, die vom menschlichen Auge kaum wahrzunehmen sind.

Ein weiteres spannendes Forschungsprojekt findet noch bis 2027 an den Hochschulen Eberswalde und Wildau statt. Ziel der Wood Aging Visualization and Estimation (WAVE) ist es, mithilfe von KI-Algorithmen die optische Alterung regionaler Hölzer präzise vorherzusagen. Die Künstliche Intelligenz wird dabei mit Labordaten zu Farb- und Strukturveränderungen trainiert: So lassen sich Alterungsprozesse künftig realistisch simulieren und direkt in CAD- und BIM-Umgebungen nutzen. Das ist vor allem bei der Auswahl geeigneter Holzarten und Beschichtungen relevant.

Noch futuristischer mutet der Einsatz von Drohnen an: Schon jetzt nutzen erste Betriebe solche unbemannten Luftfahrzeuge bei der Baustellenüberwachung, etwa zur Inspektion schwer zugänglicher Bereiche wie Dachflächen oder Fassaden. Ohnehin sind Drohnen ein überaus effektives Instrument zur Qualitätssicherung, denn mit hochauflösenden Kameras lassen sich selbst kleinste Schäden erkennen – in Zukunft auch mit KI-gestützter Bildauswertung.

Fazit: KI steht in den Startlöchern

Noch ist Künstliche Intelligenz im Arbeitsalltag von Holzbauern eine Seltenheit. Doch die neuesten Beispiele aus Forschung und Entwicklung zeigen klar: KI ist ein künftiger Gamechanger und wird Handwerksbetrieben dabei helfen, in allen Arbeitsbereichen präziser, schneller und ressourcenschonender zu arbeiten.

Da sich die meisten Anwendungen erst im Forschungsstadium oder in der Pilotphase befinden, dürfte es noch einige Jahre dauern, ehe Künstliche Intelligenz mit der gleichen Selbstverständlichkeit wie bei einer Säge eingesetzt wird. Langfristig ist es aber nur eine Frage der Zeit, bis KI-Tools auch im Holzbau zum festen Bestandteil deines Arbeitsalltags werden.

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