Wenn man Zeiterfassung im Handwerk hört, denkt man meistens an einen Stundenzettel oder an einen Rapportzettel, der vom Handwerker ausgefüllt und später händisch archiviert wird. In manchen Betrieben erfolgt gar keine Arbeitszeiterfassung und es gehen Gerüchte um, dass die digitale Zeiterfassung bald zur Pflicht wird.
Grund für diese Befürchtung ist ein Urteil vom Europäischen Gerichtshof. Am 14. Mai 2019 entschied das Gericht, dass die Zeiterfassung in bestimmten, prüfbaren Rahmen zu erfolgen hat und es wurde auf verschiedene Punkte Bezug genommen, die bereits jetzt gesetzlich vorgeschrieben sind. An deren Umsetzung scheitert es - besonders in Deutschland- derzeit aber noch, weswegen zunächst eine Machbarkeitsprüfung stattfand. Vorangegangen war der Urteilssprechung eine Klage der größten spanischen Gewerkschaft (CCOO) gegen die spanische Tochtergesellschaft der Deutschen Bank. Beispielsweise wird Mehrarbeit auf bestimmte Höchstwerte begrenzt und ohne eine detaillierte Zeiterfassung im Handwerk kann die Überschreitung dieser nicht sicher verhindert werden. Dies gilt sowohl für Deutschland, als auch für Österreich und die Schweiz. Für die Schweiz finden sich die genauen Regularien im Arbeitszeitgesetz und im Arbeitsruhegesetz.
Derzeit wird von einer verpflichtenden Einführung einer Zeiterfassung abgesehen und es wurde zunächst geprüft, ob eine digitale Zeiterfassung im Handwerk technisch möglich ist. Zudem wurde die Umsetzbarkeit unter anderem im Hinblick auf die finanzielle Belastung für die jeweiligen Unternehmen geprüft. Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) zeigte sich angesichts der Nichteinführung der Zeiterfassungs-Pflicht erleichtert: „Uns ist es gelungen, die elektronische Arbeitszeitkontrolle auf allen Baustellen abzuwenden. Das wäre für unsere Betriebe eine große bürokratische Hürde geworden. Herzlichen Dank dafür!“. Der jetzige Gesetzesentwurf sieht die Einführung einer Pflicht zur Zeiterfassung vor, wann aber die Gesetzesänderung in Kraft tritt, ist noch nicht absehbar.
Es gibt zwar noch keine generelle Pflicht zur rein digitalen(!) Zeiterfassung im Handwerk, aber es gelten schon jetzt Vorgaben zur allgemeinen Arbeitszeit-Erfassung, die eingehalten werden müssen. Die offiziellen Regularien sind nicht allen Handwerkern bekannt, weswegen es unbewusst zu Verstößen kommen kann. Aufzeichnungspflichtig ist unter anderem das Arbeiten an Sonntagen und Feiertagen und Mehrarbeit, die über 48 Wochenstunden hinausgeht. Zusätzlich sind Regelungen zu Ruhezeiten einzuhalten:
- nach 6 Stunden eine Pause von 30 Minuten
- nach 9 Stunden eine Pause von 45 Minuten
- zwischen zwei Arbeitstagen eine Pause von 11 zusammenhängenden Stunden
- in einem 7-Tage-Zeitraum eine Pause von mindestens 24 zusammenhängenden Stunden
Wie die Erfassung dieser Zeiten erfolgt, wird derzeit unterschiedlich gehandhabt, wobei zumeist mit klassischen Stundenzetteln gearbeitet wird. Diese werden händisch ausgefüllt und zentral archiviert und/oder digitalisiert. Diese Methode birgt vielerlei Risiken, da sich sehr schnell Fehler einschleichen können, die zulasten aller Beteiligten gehen können. Zudem müssen alle Angaben geprüft werden, was wiederum Zeit und Geld kostet.
Rechtliche Grundlage: Arbeitszeitgesetz (ArbZG) Paragraph 16
Im Arbeitszeitgesetz sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Deutschland allgemeingültig festgehalten. Im ersten Abschnitt werden die Begrifflichkeiten definiert: „Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen”. Ohne eine Zeiterfassung kann demzufolge nicht gesichert festgehalten werden, inwieweit die Ruhepausen eingehalten wurden.
In §3 „Arbeitszeit der Arbeitnehmer“ wird zudem festgelegt, dass die werktägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten darf. Temporäre Anpassungen auf bis zu zehn Stunden sind nur zulässig, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen die durchschnittliche Arbeitszeit nicht über acht Stunden liegt.
§16 ArbZG verpflichtet bereits jetzt Arbeitgeber, eine Zeiterfassung für die werktägliche Arbeit, die acht bzw. zehn Stunden überschreitet, durchzuführen. Die Aufzeichnungspflicht greift demzufolge erst bei einer Überschreitung von acht Stunden Arbeitszeit und wie diese Zeiterfassung durchgeführt wird, kann der Arbeitgeber entscheiden. Eine Archivierung dieser Zeiten muss für mindestens zwei Jahre erfolgen und auf Verlangen von zuständigen Behörden vorgelegt werden. Ähnlich verhält es sich in Österreich und auch in der Schweiz muss die Arbeitszeit erfasst werden, aber es gibt keine Vorschriften, wie dies zu erfolgen hat. Der klassische Stundenzettel ist auch hier noch als Alternative zur digitalen Zeiterfassung zu finden.