Flimmernder Beton, staubige Luft, sengende Sonne – und trotzdem schuften auf der Baustelle? Viele halten das kaum für zumutbar. Kannst du dir bei extremen Wetterbedingungen freinehmen? Die Antwort hierauf ist klar: Nein! Einen gesetzlichen Anspruch auf Hitzefrei gibt es im deutschen Arbeitsrecht nämlich nicht, weder im Büro noch im Freien. Während Schulkinder bei sommerlichen Temperaturen nach Hause geschickt werden, müssen Handwerker*innen daher auch bei großer Hitze ihren Job verrichten.
Es existiert also keine Temperaturgrenze, ab der auf der Baustelle automatisch Schluss ist. Selbst extreme Werte ändern daran nichts, die Pflicht zur Arbeitsleistung bleibt bestehen. Das bestätigt auch Arbeitsrechtlerin Ellen Kloth: „Bei 35 Grad, [...] bei 40 Grad und höher, da gibt es jetzt noch keine besonderen Vorschriften.“1
Das bedeutet aber nicht, dass Arbeitgeber die Hitze einfach ignorieren dürfen und Handwerker den widrigen Witterungsbedingungen schutzlos ausgeliefert sind. Das Arbeitsschutzgesetz fordert unmissverständlich: „Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben sowie [für] die physische und die psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird.“2 (§ 4 Abs. 1 ArbSchG) – das schließt die Gefahr durch übermäßige Hitzebelastung mit ein. Ebenso ist im Bürgerlichen Gesetzbuch festgelegt, dass Arbeitgeber zu Schutzmaßnahmen verpflichtet sind und Arbeitsräume so gestalten müssen, dass Arbeitnehmer gegen Gefahren für Leben und Gesundheit geschützt sind (vgl. § 618 Abs. 1 BGB).
Arbeitgeber können bei hohen Temperaturen nicht einfach untätig bleiben. Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) legen nahe, dass ab einer Lufttemperatur von über 30°C entsprechende Maßnahmen wie etwa längere Pausen oder die Bereitstellung von kühlen Getränken ergriffen werden sollten. Auch wenn diese Richtlinien für Innenräume formuliert wurden, lassen sie sich sinngemäß auf die Arbeit im Freien anwenden. Rechtlich verpflichtend sind die Vorgaben jedoch nicht, sie besitzen lediglich Empfehlungscharakter. In der Praxis orientieren sich Behörden und Gerichte aber durchaus an den ASR, eine Nichtbeachtung kann als Verletzung des Arbeitsschutzes gewertet werden.
Auch wenn ein Arbeitsstop bei hohen Temperaturen rechtlich nicht vorgesehen ist, dürfen Handwerker also nicht bei Bedingungen arbeiten, die eine Gesundheitsgefährdung darstellen. Ab einer Außentemperatur jenseits der 35-Grad-Marke wird ein kritischer Punkt erreicht – hier sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einen Dialog treten, schließlich haben beide Seiten ein Interesse daran, die Arbeitsfähigkeit zu erhalten.