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Arbeiten bei Hitze

Hitzefrei auf der Baustelle: Ab wann muss der Chef handeln?

Michel Vo  | 18.07.2025  |  Lesezeit: Minuten

Hitzefrei: Das klang zu Schulzeiten nach Freibad und Eis am Kiosk. Auf der Baustelle bedeuten sommerliche Temperaturen hingegen harte Arbeit in der prallen Sonne. Doch was ist, wenn das Thermometer auf über 30 Grad klettert – haben Handwerker ebenfalls Anspruch auf Hitzefrei? Erfahre in diesem Artikel, welche Rechte du auf dem Bau hast.

Bild: Hitzefrei – Arbeitsrecht im Bau
Arbeit bei hohen Temperaturen: Können sich Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter im Sommer Hitzefrei nehmen?

Ab wann gibt es Hitzefrei auf dem Bau?

Flimmernder Beton, staubige Luft, sengende Sonne – und trotzdem schuften auf der Baustelle? Viele halten das kaum für zumutbar. Kannst du dir bei extremen Wetterbedingungen freinehmen? Die Antwort hierauf ist klar: Nein! Einen gesetzlichen Anspruch auf Hitzefrei gibt es im deutschen Arbeitsrecht nämlich nicht, weder im Büro noch im Freien. Während Schulkinder bei sommerlichen Temperaturen nach Hause geschickt werden, müssen Handwerker*innen daher auch bei großer Hitze ihren Job verrichten.

Es existiert also keine Temperaturgrenze, ab der auf der Baustelle automatisch Schluss ist. Selbst extreme Werte ändern daran nichts, die Pflicht zur Arbeitsleistung bleibt bestehen. Das bestätigt auch Arbeitsrechtlerin Ellen Kloth: „Bei 35 Grad, [...] bei 40 Grad und höher, da gibt es jetzt noch keine besonderen Vorschriften.“1

Das bedeutet aber nicht, dass Arbeitgeber die Hitze einfach ignorieren dürfen und Handwerker den widrigen Witterungsbedingungen schutzlos ausgeliefert sind. Das Arbeitsschutzgesetz fordert unmissverständlich: „Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben sowie [für] die physische und die psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird.“2 (§ 4 Abs. 1 ArbSchG) – das schließt die Gefahr durch übermäßige Hitzebelastung mit ein. Ebenso ist im Bürgerlichen Gesetzbuch festgelegt, dass Arbeitgeber zu Schutzmaßnahmen verpflichtet sind und Arbeitsräume so gestalten müssen, dass Ar­beit­neh­mer ge­gen Ge­fahren für Le­ben und Ge­sund­heit ge­schützt sind (vgl. § 618 Abs. 1 BGB).

Arbeitgeber können bei hohen Temperaturen nicht einfach untätig bleiben. Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) legen nahe, dass ab einer Lufttemperatur von über 30°C entsprechende Maßnahmen wie etwa längere Pausen oder die Bereitstellung von kühlen Getränken ergriffen werden sollten. Auch wenn diese Richtlinien für Innenräume formuliert wurden, lassen sie sich sinngemäß auf die Arbeit im Freien anwenden. Rechtlich verpflichtend sind die Vorgaben jedoch nicht, sie besitzen lediglich Empfehlungscharakter. In der Praxis orientieren sich Behörden und Gerichte aber durchaus an den ASR, eine Nichtbeachtung kann als Verletzung des Arbeitsschutzes gewertet werden.

Auch wenn ein Arbeitsstop bei hohen Temperaturen rechtlich nicht vorgesehen ist, dürfen Handwerker also nicht bei Bedingungen arbeiten, die eine Gesundheitsgefährdung darstellen. Ab einer Außentemperatur jenseits der 35-Grad-Marke wird ein kritischer Punkt erreicht – hier sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einen Dialog treten, schließlich haben beide Seiten ein Interesse daran, die Arbeitsfähigkeit zu erhalten.

Zu hohe Temperaturen: Dürfen Handwerker eigenmächtig die Baustelle verlassen?

So verständlich es auch ist – bei großer Hitze einfach die Baustelle zu verlassen, ist rechtlich heikel. Wer ohne Absprache die Arbeit niederlegt, riskiert im schlimmsten Fall eine Abmahnung oder andere arbeitsrechtliche Konsequenzen, denn selbst bei extremen Temperaturen bleibt die Arbeitspflicht bestehen. Bei gesundheitlichen Beschwerden wie etwa Kopfschmerzen oder Kreislaufproblemen, die durch die Hitzebelastung entstehen können, dürfen und sollten sich Arbeitnehmer natürlich krank melden.

Das bestätigt Juristin Kathrin Schulze Zumkley: „Bei Arbeitsunfähigkeit gelten stets die gleichen Regeln, egal ob sie auf einer Erkältung basiert oder Folge großer Hitze und Überanstrengung ist.“ Zugleich stellt sie klar: „Arbeitnehmer dürfen nicht einfach nach Hause gehen, wenn ihnen zu heiß ist.“3 Hitzefrei auf eigene Faust ist also nicht erlaubt, vielmehr sollten Handwerker*innen die Situation ansprechen und gemeinsam mit ihren Vorgesetzten eine Lösung finden.

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Hitze am Arbeitsplatz: Wie muss der Arbeitgeber Beschäftigte schützen?

Wenn die Temperaturen steigen, liegt es auch ohne verpflichtendes Hitzefrei in der Verantwortung des Arbeitgebers, für sichere und zumutbare Arbeitsbedingungen zu sorgen. Im Baugewerbe ist das keine bloße Empfehlung, sondern eine gesetzlich verankerte Pflicht: Laut Baustellenverordnung (BaustellV) müssen Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung durchführen – dazu zählen auch Risiken durch sommerliche Hitze und UV-Strahlung – und bei Bedarf geeignete Schutzmaßnahmen ergreifen.

Der wirkungsvollste Hebel gegen extreme Temperaturen ist die Anpassung der Arbeitszeiten auf der Baustelle. Grundsätzlich gilt: „Arbeitgeber haben die Hoheit über die Arbeitszeit“, so Schulze Zumkley. Betriebe können daher entscheiden, wie die Arbeitsstunden innerhalb einer Woche verteilt werden und so flexibel auf die Wetterlage reagieren, indem sie etwa eine längere Mittagspause anordnen oder einen früheren Arbeitsbeginn festsetzen.

Wichtig ist aber, dass die gesetzliche Höchstarbeitszeit von zehn Stunden pro Tag nicht überschritten wird. Außerdem gelten alle Tätigkeiten zwischen 23 Uhr und 6 Uhr als Nachtarbeit und können nicht ohne Weiteres angeordnet werden. In einigen Branchen gelten obendrein strenge Tarifverträge wie der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV), die den Handlungsspielraum bei der Arbeitszeitgestaltung einschränken.

Mit der bloßen Verschiebung von Arbeits- und Pausenzeiten ist es aber nicht getan – auch während der Arbeit auf der Baustelle sind Betriebe angehalten, zusätzliche Vorkehrungen zu treffen, um ihre Mitarbeitenden vor der brütenden Hitze zu schützen. Wir haben dir die wichtigsten Maßnahmen zusammengefasst:

  • Schattenspender aufstellen: Sonnensegel, Markisen oder mobile Schirme reduzieren die direkte Sonneneinstrahlung auf der Baustelle und mindern zusätzlich die UV-Belastung.
  • UV-Schutzkleidung und Sonnencreme anbieten: Neben Helm und Schutzbrille empfiehlt es sich, Nackenschutz, Sonnenschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor sowie leichte und atmungsaktive Arbeitskleidung bereitzustellen.
  • Kostenlose Getränke bereitstellen: Auf Baustellen muss der Arbeitgeber ohnehin jederzeit ausreichend Trinkwasser in Arbeitsplatznähe bereitstellen – das ist gerade im Sommer wichtig, um Dehydrierung vorzubeugen.
  • Mitarbeitende regelmäßig unterweisen: Alle Beschäftigten sollten geschult werden, wie sie sich bei Hitze richtig verhalten. Wichtig ist vor allem das Erkennen von ersten Warnzeichen wie Schwindel, Übelkeit oder Muskelkrämpfen – sowohl bei sich selbst als auch bei Kolleginnen und Kollegen.
  • Erste-Hilfe-Vorkehrungen treffen: Für Notfälle braucht es klare Abläufe. Schattige Ruheplätze, Erste-Hilfe-Sets und ein definierter Notfallkontakt sind daher unbedingt notwendig, damit im Ernstfall schnell reagiert werden kann.

Gesundheitsbelastungen bei Hitze

Hohe Temperaturen belasten den Körper erheblich – das zeigt auch die Statistik: Deutschlandweit müssen laut Statistischem Bundesamt jedes Jahr durchschnittlich 1 500 Menschen wegen Hitzschlägen oder Sonnenstich im Krankenhaus behandelt werden. In besonders heißen Jahren steigt diese Zahl deutlich an, teilweise um mehr als 50 Prozent.4

Die gesundheitliche Belastung durch Hitze und Sonneneinstrahlung darf daher nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Körperlich anstrengende Tätigkeiten bei über 30 °C führen schnell zu Symptomen wie Übelkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, starker Müdigkeit oder Muskelkrämpfen. Wenn du solche Beschwerden bei dir selbst oder anderen auf dem Bau beobachtest, solltest du die Warnzeichen ernst nehmen – sie gelten als typische Anzeichen für Hitzestress und können im schlimmsten Fall in einen lebensbedrohlichen Hitzschlag übergehen. Gerade ältere oder vorerkrankte Teammitglieder sind besonders gefährdet und sollten sich bei hohen Temperaturen entsprechend schonen.

Für Handwerkerinnen und Handwerker auf der Baustelle bedeutet das: Bei ersten körperlichen Symptomen sofort in den Schatten gehen, etwas trinken und im Zweifel Hilfe holen! Wer Auffälligkeiten bei Kollegen beobachtet, sollte ebenfalls nicht zögern und Unterstützung anbieten: Rechtzeitiges Handeln beugt gesundheitlichen Schäden vor und kann im Ernstfall Leben retten.

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Arbeiten bei Hitze: Was Handwerker selbst tun können

Die hohen Temperaturen im Sommer stellen eine erhebliche Herausforderung bei der Arbeit auf der Baustelle dar. Handwerker, die im Freien arbeiten müssen, sollten daher geeignete Maßnahmen ergreifen, um sich selbst zu schützen – nicht zuletzt, weil kein Anspruch auf Hitzefrei auf dem Bau besteht. „Wer körperlich schwer arbeitet, ist durch Hitze besonders belastet. Deshalb ist der Schutz der Beschäftigten unerlässlich. Hohe Temperaturen können zu gesundheitlichen Schäden wie Hitzschlag, Sonnenstich und Kreislaufstörungen führen. Sie verursachen aber auch eine verringerte Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit, weshalb Arbeitsunfälle zunehmen können“5, betont auch Hans-Jürgen Wellnhofer von der BG BAU.

Was können Handwerker für ihren Hitzeschutz tun? Wir zeigen dir anhand einiger sinnvoller Tipps, wie du der Sommerhitze auf der Baustelle wirksam begegnest:

  • Ausreichend trinken: Bei schweißtreibender Arbeit im Freien gilt – mindestens 2,5 bis 3 Liter Wasser über den Tag verteilt trinken, bei extremer Hitze sogar mehr. Warte nicht erst, bis der Durst kommt, sondern trinke regelmäßig kleinere Mengen, um Kreislaufproblemen und Dehydrierung vorzubeugen.
  • Regelmäßige Pausen machen: Der Körper ist bei ständiger Hitzebelastung weniger leistungsfähig als sonst. Nimm dir deshalb regelmäßig Pausen und nutze schattige Plätze, um dich zu erholen. Schon kleine Verschnaufpausen senken die Körpertemperatur und fördern die Konzentration.
  • Leichte Kleidung tragen: Setze auf atmungsaktive und helle Kleidung, die Sonnenlicht reflektiert und dich so vor UV-Strahlung schützt. Ideal sind moderne Funktionsmaterialien, die Schweiß nach außen transportieren und Hitzestau unter der Kleidung verhindern.
  • Kopfbedeckung und Sonnenschutz nutzen: Ein breitkrempiger Hut oder ein Helm mit Nackenschutz schirmt empfindliche Körperpartien ab. Zusätzlich solltest du freiliegende Hautstellen – vor allem im Gesicht und am Nacken – regelmäßig mit Sonnencreme eincremen.
  • Kühlende Maßnahmen einsetzen: Schon kleine Maßnahmen wie ein feuchtes Tuch im Nacken oder ein kurzer Aufenthalt im Durchzug wirken oft Wunder. Bei besonders hohen Temperaturen sind außerdem Kühlkleidung, Ventilatoren oder mobile Klimaanlagen sinnvoll.
  • Warnsignale ernst nehmen: Ignoriere keine Symptome wie Schwindel, Übelkeit oder Muskelkrämpfe. Wer sich überhitzt fühlt, sollte sofort eine Pause machen, Hilfe holen und – wenn nötig – ärztliche Unterstützung anfordern.

Fazit: Gemeinsam gegen die Hitze auf dem Bau

Auch wenn es keinen gesetzlichen Anspruch auf Hitzefrei für Handwerker auf dem Bau gibt: Betriebe haben eine Fürsorgepflicht gegenüber ihrem Team und müssen daher für sichere Arbeitsbedingungen sorgen. Ob flexible Arbeitszeiten, längere Pausen oder Sonnensegel und Klimagerät – wer rechtzeitig reagiert, schützt die Gesundheit seiner Mitarbeitenden.

Handwerkerinnen und Handwerker sollten den Hitzeschutz auf der Baustelle aber ebenso selbst in die Hand nehmen. Achte auf Warnsignale, beherzige die genannten Tipps und sprich mit Kolleg*innen und Vorgesetzten, wenn die Belastung zu hoch wird oder Verbesserungen nötig sind. Nur wenn alle zusammenarbeiten, lässt sich die Sommerhitze auf dem Bau wirklich sicher bewältigen.

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