Im Handwerk wurde das neue Tariftreuegesetz überwiegend mit Kritik und Skepsis aufgenommen. Besonders der zusätzliche Bürokratieaufwand ist vielen Branchenvertretern ein Dorn im Auge – dabei hatte die Regierung im Koalitionsvertrag noch den Bürokratieabbau als erklärtes Ziel hervorgehoben.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) warnt daher vor einer Überfrachtung der Vergabeverfahren und weist darauf hin, dass bereits jetzt viele kleine und mittlere Handwerksbetriebe vor einer Beteiligung an einer öffentlichen Auftragsvergabe zurückschrecken. Durch eine weitere Erhöhung des Verwaltungsaufwands würde dieses Problem nun noch verstärkt. „Vor allem Klein- und Kleinstbetriebe, wie sie im Handwerk vorherrschend sind, werden damit faktisch von Vergabeverfahren ausgeschlossen. Dabei benötigen insbesondere diese Betriebe bürokratiearme, transparente und einfache Regelungen“, befürchtet der ZDH.2
Problematisch sind zudem 14 bereits auf Landesebene geltende Tariftreueregelungen, die künftig mit dem Bundestariftreuegesetz koexistieren würden. Dieses Nebeneinander unterschiedlicher Regelungen befeuert nicht nur Sorgen über zunehmende Rechtsunsicherheit, sondern lässt auch Zweifel aufkommen, ob die zuständigen Vergabestellen für die Auswahl des repräsentativen Tarifvertrags qualifiziert sind. Der ZDH meint dazu in einer Stellungnahme klar: „Der Vergleich und die Wertung abweichender tarifvertraglicher Regelungen zu Entlohnung, Urlaubstagen oder Arbeitszeit dürfte von den Vergabestellen bei der Angebotsbewertung kaum leistbar sein. Selbst bei bundesweit geltenden Tarifverträgen ist offen, ob eine Tariftreueerklärung den ganzen Tarifvertrag oder nur einzelne ausgesuchte Tarifbestimmungen abbilden sollte.“2
Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) fordert angesichts dieses Flickenteppichs eine sofortige Harmonisierung der bestehenden Tariftreueregeln. „Es muss nachgebessert werden“, betont Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa. „Für tariftreue Unternehmen dürfen keinesfalls weitere bürokratische Belastung entstehen. Die geplanten erweiterten Prüf- und Nachweispflichten müssen deshalb für tarifgebundene Betriebe unkompliziert über den bereits etablierten PQ-Nachweis (Präqualifikationsnachweis) erfüllt werden können.“3