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Tariftreuegesetz bei öffentlichen Aufträgen

Mehr Fairness oder mehr Bürokratie? Handwerk kritisiert neues Tariftreuegesetz

Michel Vo  | 13.08.2025  |  Lesezeit: Minuten

Tarifbindung bei öffentlichen Aufträgen: Mit dem neuen Bundestariftreuegesetz sollen bessere Arbeitsbedingungen gewährleistet werden. Im Handwerk stößt das Vorhaben jedoch auf Widerstand – zu groß ist die Sorge vor einem Zuwachs an unnötiger Bürokratie sowie potenziellen Widersprüchen mit bereits bestehenden Tariftreueregelungen auf Landesebene.

Bild: Das Tariftreuegesetz soll noch Ende 2025 in Kraft treten
Mit einem neuen Bundestariftreuegesetz sollen Betriebe bei öffentlichen Aufträgen zur Tariftreue verpflichtet werden.

Tariftreuegesetz beschlossen: Neue Regeln für öffentliche Aufträge

Noch zum Ende des Jahres soll ein Bundestariftreuegesetz in Kraft treten, welches neue Bedingungen bei öffentlichen Aufträgen festsetzt. Ein entsprechender Entwurf wurde nun am 6. August 2025 vom Bundeskabinett verabschiedet: Betroffen sind auch zahlreiche Handwerkerbetriebe. Künftig sollen öffentliche Aufträge des Bundes nur noch an Unternehmen vergeben werden, die tarifvertragliche Mindestarbeitsbedingungen einhalten – unabhängig davon, ob sie selbst tarifgebunden sind. Damit soll die Tarifbindung in Deutschland gestärkt werden, was wiederum für faireren Wettbewerb und bessere Arbeitsbedingungen sorgen soll.

„Tarifverträge sind die Basis für anständige Löhne und gute Arbeitsbedingungen. Damit noch mehr Beschäftigte von Tarifverträgen profitieren, senden wir mit dem Bundestariftreuegesetz ein starkes Signal: Aufträge des Bundes sollen nur noch an Unternehmen vergeben werden, wenn sie tarifliche Standards gewährleisten“1, begründet Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) das Vorhaben der Bundesregierung.

Das Tariftreuegesetz gilt für Aufträge ab einem geschätzten Auftrags- oder Vertragswert von 50.000 Euro und umfasst ebenso Subunternehmen sowie Zeitarbeitsfirmen. Dabei geht es nicht nur um tarifgerechte Löhne, sondern auch um bezahlten Erholungsurlaub, Höchstarbeitszeiten sowie Ruhe- und Pausenzeiten. Verstöße können mit Vertragsstrafen von bis zu zehn Prozent des Auftragswerts geahndet werden und zur außerordentlichen Kündigung des Auftrags führen. Für die Überwachung zeichnet sich fortan eine Prüfstelle bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See verantwortlich.

Kritik aus dem Handwerk: Branchenverbände schlagen Alarm wegen Bürokratie

Im Handwerk wurde das neue Tariftreuegesetz überwiegend mit Kritik und Skepsis aufgenommen. Besonders der zusätzliche Bürokratieaufwand ist vielen Branchenvertretern ein Dorn im Auge – dabei hatte die Regierung im Koalitionsvertrag noch den Bürokratieabbau als erklärtes Ziel hervorgehoben.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) warnt daher vor einer Überfrachtung der Vergabeverfahren und weist darauf hin, dass bereits jetzt viele kleine und mittlere Handwerksbetriebe vor einer Beteiligung an einer öffentlichen Auftragsvergabe zurückschrecken. Durch eine weitere Erhöhung des Verwaltungsaufwands würde dieses Problem nun noch verstärkt. „Vor allem Klein- und Kleinstbetriebe, wie sie im Handwerk vorherrschend sind, werden damit faktisch von Vergabeverfahren ausgeschlossen. Dabei benötigen insbesondere diese Betriebe bürokratiearme, transparente und einfache Regelungen“, befürchtet der ZDH.2

Problematisch sind zudem 14 bereits auf Landesebene geltende Tariftreueregelungen, die künftig mit dem Bundestariftreuegesetz koexistieren würden. Dieses Nebeneinander unterschiedlicher Regelungen befeuert nicht nur Sorgen über zunehmende Rechtsunsicherheit, sondern lässt auch Zweifel aufkommen, ob die zuständigen Vergabestellen für die Auswahl des repräsentativen Tarifvertrags qualifiziert sind. Der ZDH meint dazu in einer Stellungnahme klar: „Der Vergleich und die Wertung abweichender tarifvertraglicher Regelungen zu Entlohnung, Urlaubstagen oder Arbeitszeit dürfte von den Vergabestellen bei der Angebotsbewertung kaum leistbar sein. Selbst bei bundesweit geltenden Tarifverträgen ist offen, ob eine Tariftreueerklärung den ganzen Tarifvertrag oder nur einzelne ausgesuchte Tarifbestimmungen abbilden sollte.“2

Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) fordert angesichts dieses Flickenteppichs eine sofortige Harmonisierung der bestehenden Tariftreueregeln. „Es muss nachgebessert werden“, betont Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa. „Für tariftreue Unternehmen dürfen keinesfalls weitere bürokratische Belastung entstehen. Die geplanten erweiterten Prüf- und Nachweispflichten müssen deshalb für tarifgebundene Betriebe unkompliziert über den bereits etablierten PQ-Nachweis (Präqualifikationsnachweis) erfüllt werden können.“3

Quellen

1Bundesministerium für Arbeit und Soziales(2025): Bundestarif­treue­gesetz, https://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Meldungen/2025/bundestariftreuegesetz.html

2Bundesministerium der Finanzen (2025): Grünes Licht für Autobahn-Baustellen: 1,1 Milliarden Euro für Sanierungen freigegeben, https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2025/07/2025-07-31-sanierung-autobahninfrastruktur.html

3Zentralverband Deutsches Baugewerbe (2025): Baugewerbe fordert Nachbesserungen am geplanten Tariftreuegesetz, https://www.zdb.de/meldungen/baugewerbe-fordert-nachbesserungen-am-geplanten-tariftreuegesetz

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