Serie: Künstliche Intelligenz im Holzbau – Teil 3

Wenn Algorithmen sägen lernen: Wie verändert KI den Holzbau?

Michel Vo  | 23.05.2025  | Lesezeit: reading time goes here

Künstliche Intelligenz hält Einzug in den Holzbau, doch was bedeutet das für Zimmereien und ihre Mitarbeitenden? Wir zeigen, welche Vorteile KI bietet, wo noch Herausforderungen lauern – und warum der Mensch auf der Baustelle auch künftig unverzichtbar bleibt.

Bild: Chancen und Herausforderungen für KI im Holzbau
Wie wird KI den Holzbau der Zukunft prägen? Wir werfen einen Blick auf die Chancen und Herausforderungen, die Künstliche Intelligenz bietet. | © fotolia.com/mavoimages

KI für Zimmerer: Holzweg oder Zukunftspfad?

Was einst nur als bloßes Hirngespinst von Science-Fiction-Autoren existierte und noch vor wenigen Jahren wie eine ferne Zukunftsvision ehrgeiziger Tech-Mogule anmutete, hat sich längst bewahrheitet: Künstliche Intelligenz (KI) bzw. Artificial Intelligence (AI) ist in der Gegenwart angekommen – auch im Handwerk. Ob produktive Chatbots wie ChatGPT oder automatische Büroassistenten wie HalloPetra, viele moderne KI-Tools können Handwerkerinnen und Handwerker schon jetzt im Arbeitsalltag unterstützen. Spezialisierte KI-gestützte Technologie für den Holzbau steckt hingegen zumeist noch in der Entwicklungsphase. Zwar arbeiten die meisten Zimmereien mittlerweile digital (zum Beispiel mit CNC oder CAD), branchenspezifische KI-Anwendungen sind bislang aber kaum verbreitet.

Dabei ist das Potenzial enorm, und schon jetzt forschen zahlreiche ambitionierte Projekte daran, wie sich Künstliche Intelligenz auch im Holzbau gewinnbringend einsetzen lässt. Erste Entwicklungen zeigen: Mit KI können Arbeitsprozesse künftig effizienter, nachhaltiger und sicherer gestaltet werden. Willst du mehr darüber erfahren? Im vorherigen Teil unserer Artikelserie über KI im Holzbau haben wir dir einen umfassenden Überblick über mögliche Einsatzfelder zusammengestellt – von der intelligenten Entwurfsplanung über die vorausschauende Materialberechnung bis hin zur automatisierten Qualitätskontrolle.

Viele Beschäftigte fragen sich angesichts des rasanten Entwicklungstempos nun: Wie sieht meine Rolle in einer zunehmend automatisierten Arbeitswelt aus? Zum Abschluss richten wir deshalb den Blick nach vorne und beleuchten den konkreten Nutzen von KI im Holzbau, aber auch Herausforderungen und Hindernisse, die es bei der Implementierung zu bewältigen gibt. Und beschäftigen uns dabei nicht zuletzt mit der Frage: Schafft Künstliche Intelligenz den Handwerker irgendwann ab? So viel sei vorab verraten: Die Expertise von Holzbauerinnen und Holzbauern wird auch in Zukunft unersetzlich bleiben.

Effizienz, Nachhaltigkeit, Präzision: Die Vorteile von KI im Holzbau

Bei KI denken die meisten Menschen zuerst an Chatbots, die Wissensfragen beantworten, Gedichte schreiben, Rezepte generieren oder einfach nur als omnipotenter Gesprächspartner herhalten können. Weit verbreitet sind außerdem noch Bildgeneratoren wie Midjourney oder DALL-E – und sei es nur als experimentelles Spielzeug, mit dem sich das letzte Urlaubsfoto im Stil bekannter Animationsstudios nachzeichnen lässt. Wie können solche Tools dann dabei helfen, ein Holzbauprojekt umzusetzen?

Hierzu ist es wichtig zu verstehen, was Künstliche Intelligenz überhaupt ist. Zwar können derzeitige Ausprägungen von KI nicht selbstständig denken oder fühlen wie ein Mensch – durch gezieltes Training ist es aber möglich, ein System zu entwickeln, das durch mathematische Abläufe spezialisierte Denkprozesse simulieren kann. Einfacher formuliert: Es ist möglich, eine KI für die Ausführung bestimmter Aufgaben zu programmieren. Dazu gehören dann sprachlich basierte Tätigkeiten wie die Produktion oder Übersetzung von Texten, aber auch Projektorganisation, Bilderkennung oder Design.

Stell dir ein KI-Tool deshalb am besten wie einen persönlichen Assistenten vor, der dich in unterschiedlichen Bereichen unterstützen kann. Gerade im Projektmanagement werden bereits KI-gestützte Anwendungen entwickelt, die zum Beispiel Baupläne durchrechnen oder Kostenprognosen optimieren können. Eine KI kann dann etwa Wetterdaten, Liefertermine und Personalverfügbarkeiten analysieren und hiervon ausgehend automatisch Aufgaben zuweisen und Zeitpläne anpassen. Das Ergebnis: Kürzere Bauzeiten, weniger Betriebskosten sowie höhere Effizienz und Verlässlichkeit.

Künstliche Intelligenz ist aber nicht nur auf das Büro beschränkt, sondern lässt sich gleichermaßen auf der Baustelle einsetzen. KI-gestützte Bildanalysen werden es in Zukunft möglich machen, etwa Holzbauteile auf Maßhaltigkeit zu überprüfen, Schäden oder Feuchtigkeit am Holz zu erkennen sowie Gefahrensituationen auf Baustellen zu identifizieren. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz lässt sich also sowohl höhere Qualität als auch höhere Sicherheit erreichen, während gleichzeitig Fachkräfte entlastet werden.

Und selbst bei der Fertigung kann eine Künstliche Intelligenz mithelfen. Schon jetzt sind CNC-Maschinen gang und gäbe: Mit KI-Unterstützung wird es dann möglich sein, Schnittmuster zu optimieren und den Materialverbrauch zu reduzieren. Weniger Restholz, weniger Kosten – und damit auch mehr Nachhaltigkeit. Ressourcenschonende Produktion ist somit nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch sinnvoll.

Es zeigt sich also: Die Anwendungsbereiche von Künstlicher Intelligenz im Holzbau sind überaus vielfältig. Sogar die eingangs erwähnten Bildgeneratoren lassen sich im Design einsetzen, etwa für den Vergleich von Planungsvarianten oder die Visualisierung von Entwürfen für Kundinnen und Kunden.

Die wichtigsten Vorteile im Überblick:

VorteilBeispiele
Zeit- und KostenersparnisAutomatisierte Planung, optimierte Bauzeiten, weniger Nacharbeit
NachhaltigkeitVerschnittreduktion, materialschonende Zuschnittplanung, Nutzung von Restholz
Höhere PlanungsqualitätVariantenvergleich, optimierte Entwürfe, präzisere Statik durch generatives Design
Bessere ProduktionsabläufeEchtzeitdatenanalyse, KI-gesteuerte CNC-Optimierung, angepasste Schnittparameter
Verbesserte SicherheitErkennung von Gefahrenzonen, Verhaltensanalyse, Assistenzsysteme auf Baustellen
Frühzeitige FehlererkennungBild- und Sensordatenanalyse, automatische Maß- und Qualitätsprüfung

Digitalisierung mit Hindernissen: Was KI im Holzbau bremst

So groß die naheliegenden Vorteile der Künstlichen Intelligenz auch sind – in der Praxis zeigt sich schnell, dass viele Holzbaubetriebe noch nicht für den Einsatz entsprechender Systeme geeignet sind. Fehlende oder unstrukturierte Daten sind dabei schon der erste Stolperstein, denn um KI-Anwendungen zu entwickeln und zu trainieren, wird eine große Datenbasis für das sogenannte „maschinelle Lernen“ benötigt.

In der Realität arbeiten aber auch heute noch viele Betriebe nur analog oder mit inkompatiblen Softwarelösungen. Hinzu kommt, dass der Holzbau ein überaus projektbezogenes Handwerk mit vielen individuellen Lösungen ist. Dadurch fehlt es an standardisierten Daten, was die Entwicklung praxistauglicher KI-Modelle erheblich erschwert. Doch selbst digital arbeitende Betriebe können Künstliche Intelligenz nicht einfach nahtlos in ihre Workflows integrieren, denn auch bestehende Software ist nicht immer anschlussfähig. Viele CAD-Programme oder ERP-Systeme wurden nie dafür entwickelt, KI-Tools einzubinden, sodass entsprechende Schnittstellen erst noch von den Anbietern programmiert werden müssen.

Ohnehin fehlt häufig das nötige Wissen, um KI-Anwendungen effektiv einzusetzen, schließlich ist Künstliche Intelligenz noch absolutes Neuland. Dementsprechend muss das Personal erst für den Umgang mit KI geschult werden, dafür fehlt es in der Regel aber nicht nur an Know-how, sondern auch an Zeit und Geld. Gerade kleinere Unternehmen haben sowieso nicht das Budget für KI-Tools, auch wenn sich die beträchtlichen Anschaffungs- und Betriebskosten im Idealfall durch höhere Arbeitseffizienz wieder ausgleichen lassen.

Neben technischen und finanziellen Hürden stellen außerdem rechtliche Aspekte ein großes Problem dar. Was passiert etwa, wenn eine Künstliche Intelligenz eine falsche Entscheidung vorschlägt, die zu Baumängeln oder gar zu einem Arbeitsunfall führt? Die Antwort auf derartige Haftungsfragen ist derzeit völlig unklar – eine eindeutige Gesetzeslage und vor allem spezifische Regelungen für das Bauwesen gibt es noch nicht. Das gilt ebenso für Bedenken beim Thema Datenschutz, beispielsweise beim Einsatz von KI-gestützten Überwachungskameras.

Auch deshalb wird Künstliche Intelligenz vielerorts noch kritisch beäugt. Allgemein sollten psychologische Barrieren bei der Einführung von KI-Tools nicht unterschätzt werden. Viele Mitarbeitende stehen neuen Technologien skeptisch gegenüber – aus Angst vor Überforderung, aber auch vor Arbeitsplatzverlust. Umfragen zufolge fürchtet ein Viertel aller Beschäftigten, dass Maschinen ihnen den Job streitig machen könnten. Wer Künstliche Intelligenz in seinem Betrieb einführen möchte, muss sein Personal deshalb früh einbinden und durch transparente Kommunikation etwaige Ängste abbauen – so lassen sich die Weichen für eine zukunftsfähige Zusammenarbeit von Mensch und Maschine stellen.

Die größten Hürden im Überblick:

VorteilBeispiele
Fehlende DatenbasisAnaloge Prozesse, uneinheitliche Datenformate, wenig systematische Archivierung
Mangelnde IntegrationKeine Standards, fehlende Schnittstellen zu bestehender Software
Hohe KostenTeure Anschaffung, laufende Lizenz- und Wartungskosten, Schulungsaufwand
Know-how-DefiziteKaum internes Fachwissen zu KI, geringe Erfahrung mit digitalen Technologien
Persönliche oder moralische VorbehalteSkepsis gegenüber Automatisierung, Angst vor Jobverlust oder Kontrollverlust
DatenschutzUnklarheit über KI-Zugriff auf personenbezogene Daten (z. B. Baustellenkameras), fehlende Richtlinien zur Datennutzung
Ungenügendes Change ManagementKeine Zeit für Schulungen, Überforderung im Betrieb, fehlende Erfolgskommunikation

Ersetzt KI irgendwann den Holzbauer?

Künstliche Intelligenz wird immer leistungsfähiger und ausgefeilter – auch im Holzbau. Viele Zimmerinnen und Zimmerer stellen sich deshalb die berechtigte Frage: Wird die Maschine den Handwerker irgendwann ersetzen? Nicht abzustreiten ist, dass Künstliche Intelligenz schon heute komplexe Aufgaben übernehmen kann, egal ob beim Planungsentwurf oder bei der Materialoptimierung. Selbst in der Werkhalle wird deutlich, wie schnell sich Automatisierung dank KI und Robotik entwickelt. Roboterarme, die Holzbalken exakt positionieren oder CNC-Fräsen, die selbstständig Schnittmuster anpassen – all das ist längst Realität oder steht kurz vor der breiten Anwendung.

Doch so beeindruckend diese Entwicklungen auch sind: Sobald es um Präzision im Detail auf der Baustelle geht, stößt die Technik schnell an ihre Grenzen. Wenn also beispielsweise ein Fensterrahmen millimetergenau eingepasst werden muss, bringt aktuell nur ein Mensch die handwerkliche Feinmotorik und das geübte Auge mit, um solche Aufgaben auch zufriedenstellend umzusetzen.

Zudem treten auf der Baustelle regelmäßig unerwartete Herausforderungen auf, die flexible Entscheidungen erfordern. Hier kommt der „Hausverstand“ eines Holzbauers ins Spiel – pragmatisches und praktisches Denken, Improvisationsfähigkeiten und nicht zuletzt die sozialen Kompetenzen bei der Kundenbetreuung lassen sich von keiner Maschine ersetzen. Eine Baustelle, die nur von Robotern bevölkert ist, wird es also nicht geben.

Sowieso sollte nicht vergessen werden, was Künstliche Intelligenz kann – und was nicht. Alle KI-Modelle basieren auf bekannten Mustern und Trainingsdaten, doch genau da liegt auch ihre Schwäche. Eine KI kann nur Lösungen aus bestehenden Daten ableiten, aber ist nicht in der Lage, neue architektonische Konzepte oder einfallsreiche Lösungen in kniffligen Situationen zu entwickeln. Gerade für ein modernes und zukunftsgewandtes Handwerk braucht es deshalb Menschen mit Ideen und Innovationskraft.

Zweifelsohne werden sich mittelfristig aber die Rollen verschieben: Der Holzbauer der Zukunft wird seltener zur Säge greifen, dafür aber häufiger zum Tablet. Durch die zunehmende Automatisierung entstehen neue Aufgaben wie die Überwachung von KI-gestützten Produktionsschritten, dafür entfallen monotone und physisch belastende Routinetätigkeiten. Fachkräfte im Holzbau haben dann mehr Zeit für individuelle Gestaltung, kreative Konzepte und persönliche Beratung. Egal, wie stark sich Künstliche Intelligenz noch weiterentwickelt – ein Haus kann sie auch in Zukunft nicht alleine bauen.

Bild: Die Gründer der Hero Handwerkersoftware

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