Erste Anlaufpunkte für Handwerker
Nora Hehr: Wir sind heute hier, um uns über Fördermöglichkeiten auszutauschen. Aber wo fängt man da als Handwerker überhaupt an?
Rolf Klashinrichs: Also das ganze Thema Förderprogramme ist natürlich sehr komplex. Weil es sehr viele Programme gibt und dazu kommt momentan noch die Förderung für die Unterstützung bei der Digitalisierung. Außerdem ist es von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich. Die Programme sind sehr komplex.
Die Erfahrung, die ich gemacht habe ist, dass ein Unternehmen sehr gut beraten ist, wenn es sich an die Wirtschaftsförderung der Landkreise wendet. Sozusagen sich erstmal erkundigen, welche Fördermöglichkeiten es gibt. Man kann sich auch an die Wirtschaftsförderung der Städte und Kommunen wenden, nur habe ich die Erfahrung gemacht, dass diese personell immer sehr knapp besetzt sind. Hinzu kommt, dass diese sich auch gar nicht so tief damit auseinandersetzen können.
Eine sehr gute Adresse darüber hinaus, ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), die haben eine ganze Reihe von Förderprogrammen. Meiner Meinung nach aber für Unternehmer relativ komplex, es ist einfacher wenn ich über einen Berater gehe. Dies gilt auch für die KfW Bank.
Programme & Voraussetzungen
Nora Hehr: Was gibt es denn für Förderprogramme? Und was muss der Handwerker letztendlich investieren, damit er die Förderungen erhält? Gibt es besondere Voraussetzungen?
Rolf Klashinrichs: Das ist ganz unterschiedlich. Es gibt momentan in einigen Bundesländern Förderprogramme, die Investitionen in Hardware und Software unterstützen. In Niedersachsen ist das z.B. der Digital Bonus. Aber auch in Bayern gibt es solche Programme. Andere Bundesländer sind da noch nicht so gut aufgestellt. Meiner Meinung nach fängt das Ganze aber schon viel früher an, nämlich in der Teamentwicklung.
Auch zwei tolle Programme und die gibt es jetzt bundesweit, das sind die Förderprogramme „Unternehmenswert Mensch” und das speziell auf Digitalisierung bezogene Programm „Unternehmenswert Mensch Plus”. Diese beiden Förderprogramme sind besonders attraktiv, denn das Unternehmen bekommt 80 % Zuschuss. Da werden die begleitenden Berater-Kosten gefördert. Also nicht Investitionen in Hard- oder Software an sich, aber die Kosten für einen Digitalisierungs-Berater, der den Firmen dabei hilft, die Software im Unternehmen zu integrieren.
Nora Hehr: D.h. du nimmst die Handwerker an die Hand und gehst mit ihnen step by step den Weg in die Digitalisierung. Hast du eine Hauptzielgruppe mit der du arbeitest?
Rolf Klashinrichs: Nein, das ist wirklich sehr unterschiedlich. Ich bin in der Lebensmittelbranche tätig, aber arbeite auch mit sehr vielen Handwerkern zusammen. In den letzten Monaten sogar mehr mit Handwerkern als zuvor.
Nora Hehr: Gibt es auch Betriebe die gar keinen Anspruch auf Förderung haben? Was sind die Voraussetzungen dafür?
Rolf Klashinrichs: Es gibt ein paar Rahmenbedingungen. Also wir sprechen da jetzt von kleinen, mittelständischen Unternehmen. Die Bedingungen sind hier maximal 250 Mitarbeiter bis maximal 50 Millionen Euro Umsatz.
Nora Hehr: Und was kostet das am Ende einen mittelständischen Handwerksbetrieb? Kann man da eine grobe Summe nennen, was letztendlich investiert werden muss?
Rolf Klashinrichs: Die Programme sehen vor, dass bis zu zehn beziehungsweise zwölf Berater-Tage gefördert werden und das wäre auch meine Empfehlung. Der Tagessatz bei diesen Förderprogrammen ist auch bis zu einem Betrag von 1.000 Euro gedeckelt. Heißt kann nicht überschritten werden. Wenn ich jetzt mal davon ausgehe, wir haben einen Prozess, der geht über 10 Beratertage (in der Regel dauert dieser begleitende Prozess sechs bis neun Monate), dann sind das 10.000 Euro. Von diesen 10.000 Euro bekommt der Handwerker 80 % erstattet, d.h. das Unternehmen selber muss 2.000 Euro bezahlen.
Was bringt mir Digitalisierung?
Nora Hehr: Und wenn man sieht, wie viel mehr Umsatz ein Betrieb durch die Digitalisierung schaffen kann, ist das im Verhältnis ein geringer Betrag, der investiert wird oder?
Rolf Klashinrichs: Nach meiner Erfahrung haben viele Unternehmer das Gefühl: “Ich brauche keine externe Begleitung. Das mache ich lieber selber, das kann ich auch selber!” Trotzdem muss ich immer wieder feststellen, dass im zweiten Schritt dann doch die Unternehmer zu mir kommen: “Irgendwie bekomme ich das nicht koordiniert, Plus das Tagesgeschäft, ich kann mich gar nicht so richtig konzentrieren, ich möchte doch begleitet werden.” Und da nehmen wir Berater die Unternehmen an die Hand!
Nora Hehr: Welchen Mehrwert schafft denn die Digitalisierung deiner Meinung nach?
Rolf Klashinrichs: Der erste Mehrwert ist, dass sich auch gerade kleine Unternehmen jetzt endlich mal trauen, den Weg zu gehen. Die Projekte, die ich durchführe sind immer beteiligungsorientiert, d.h. die Mitarbeiter werden mit einbezogen. Das ist übrigens auch ein Förderkriterium von dem Förderprogramm „Unternehmenswert Mensch": Mitarbeiter müssen beteiligt werden! Da sehe ich auch einen riesen Vorteil.
Im ersten step macht man natürlich erstmal eine Standortbestimmung. D.h. man reflektiert sich im Team: wo stehen wir denn? Was läuft gut? Was läuft nicht so gut? Und dadurch werden dir aus jeder Position des Unternehmens Verbesserungsvorschläge und Herausforderungen einfach genannt. Dadurch weiß jeder wo er steht und was er zu tun hat.
Der nächste Schritt: alle Mitarbeiter helfen Lösungsideen zu finden. Und dann werden auch gemeinsam Lösungen festgelegt, d.h. bei diesem gemeinsamen Prozess habe ich im Grunde genommen von Anfang an das Team oder zumindest das Projektteam mit im Boot, wenn es um diese Veränderung geht.
Was ich immer wieder feststelle ist, dass die Mitarbeiter auch tolle Ideen haben, was man wirklich verändern kann. Auch gerade in Richtung Digitalisierung und dadurch ist es für den Unternehmer viel leichter diese Veränderung durchzuführen. Weil er jetzt nicht alleine entscheiden muss. Er hat von Anfang an Mitstreiter in seinen Mitarbeitern, die einfach Lust haben den Weg der Veränderung zu gehen.
Rolfs Ratschlag
Nora Hehr: Welchen Rat würdest du denn einem Handwerksbetrieb geben und was ist für dich das Argument dafür, in die Digitalisierung zu investieren?
Rolf Klashinrichs: Jetzt ist eine ideale Zeit, sich auf den Weg in die Digitalisierung zu machen. Als Beispiel: Im Förderprogramm „Unternehmenswert Mensch Plus” wird auch von sogenannten Experimentier-Räumen gesprochen. Man kann in diesem Rahmen gemeinsam mit seinem Berater Software-Lösungen testen. Bevor ich also eine große Einführung einer Software mache, gebe ich den Mitarbeitern in meinem Team, dem Projektteam, die Möglichkeit zu testen. Dadurch können sie am Ende viel besser entscheiden, welche Software für ihr Unternehmen das Richtige ist. Und die Mitarbeiter entscheiden mit!
Das ganze Interview als Video
In unserem Blogartikel haben wir die wichtigsten Aussagen zur Förderung für Digitalisierung zusammengefasst. Das gesamte Interview als Videoaufzeichnung findest du hier.
HERO: Handwerker Software für Profis