LinkedIn – nur was für Anzugträger?
Ein Schreiner posiert stolz vor seinem Betrieb und verkündet in einem ersten Beitrag den Beginn seiner Social-Media-Reise. Die Reaktionen – über 8.000 Likes, mehr als 800 Kommentare und dutzende Reposts. Nicht schlecht für ein Update auf Instagram oder Facebook, oder? Doch aufgepasst: Dieser virale Post von Schreiner und Betriebsinhaber Louis Baureis stammt gar nicht aus einem der genannten Netzwerke, sondern aus LinkedIn.
Hier dürften sich manche sofort die Augen reiben. LinkedIn? Ist das nicht diese elitäre Bühne für Bürohengste, wo sich vor allem Manager, Business-Experten oder sonstige Akademiker tummeln, um sich mit den polierten Höhepunkten ihrer Karriere zu brüsten? Keineswegs! Zweifelsohne ist die Hauptklientel weiterhin am Schreibtisch zu verorten, das Klischee von LinkedIn als Parkett für MacBook-Jünger, Digitalnomaden und Startup-Gurus ist aber längst überholt.
Mit knapp 21 Millionen Nutzern1 hat sich LinkedIn mittlerweile zu einem der größten sozialen Netzwerke in Deutschland entwickelt und ist somit in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Kein Wunder, denn zwischen die grauen Anzugskolonnen mischen sich auch immer mehr Menschen aus Branchen abseits der Tastatur – so auch Handwerker wie Louis Baureis.
LinkedIn verstehen: Chancen für dein Handwerk
Obwohl sich LinkedIn an alle Berufstätigen richtet, ist das Handwerk bisher noch relativ unterrepräsentiert. Für Betriebe eröffnen sich dadurch besondere Chancen, denn mit einem professionellen und gleichzeitig interessanten Profil stichst du aus der Masse hervor und wirst schnell sichtbar – vor allem gegenüber möglichen Geschäftskunden und Partnern sowie anderen Fachkräften aus deiner Branche. Mit etwas Kreativität und Engagement können Vorreiter aus dem Handwerk dann Kanäle erschließen, die dir auf anderen Kommunikationswegen verschlossen geblieben wären: Folge zum Beispiel Architekturbüros, um regelmäßig Updates über spannende Bauprojekte zu erhalten, oder suche per Stellenanzeige direkt nach qualifizierten Mitarbeitenden für Projektleitung und Verwaltung.
Für den Kontakt mit Endkunden im lokalen Umfeld sind Facebook, Instagram oder sogar WhatsApp hingegen noch immer die bessere Option, denn Privatverbraucher nutzen LinkedIn normalerweise nicht, um sich über Produkte und Leistungen zu informieren. Es handelt sich hier also nicht um eine klassische Social-Media-Plattform: Statt Unterhaltung und Spaß stehen vor allem seriöse Berufs- und Fachthemen im Vordergrund, lustige Katzenvideos oder eine Story vom letzten Abendessen wirst du auf LinkedIn nicht finden.
Auf knochentrockenes Beamtendeutsch aus der ChatGPT-Küche solltest du aber dennoch nicht zurückgreifen, denn eines hat LinkedIn mit anderen sozialen Netzwerken gemeinsam: Authentizität zählt. Im Handwerk kommt es nicht auf wolkige Worthülsen, sondern auf greifbare Ergebnisse an – überzeuge dein Publikum deshalb von deiner Kompetenz, indem du etwa von den neuesten Technologien und Innovationen aus deinem Gewerk erzählst oder Fotos und Videos von deinem letzten Projekt teilst.
So kannst du anschaulich aufzeigen, wofür dein Unternehmen steht – sei es Qualität, Nachhaltigkeit, Tradition oder Digitalisierung – und deine Sichtbarkeit und Reputation erhöhen. Damit lässt sich LinkedIn besonders für drei Zwecke nutzen, die wir dir nun ausführlicher vorstellen: Fachkräftegewinnung, Imagebildung und Netzwerkpflege.
Fachkräfte gewinnen
Dass der Fachkräftemangel gerade das Handwerk besonders hart trifft, ist kein Geheimnis. Umso wichtiger ist es daher, alle möglichen Recruiting-Kanäle zu erschließen, um offene Stellen so sichtbar wie möglich zu machen. Sei dir dabei aber stets deiner Zielgruppe bewusst: Berufsanfänger oder Schüler nutzen keine Berufsnetzwerke, sondern Instagram oder TikTok, für die Gewinnung von Azubis ist LinkedIn also nur bedingt geeignet.
Doch sobald es um erfahrene und qualifizierte Fachkräfte geht – zum Beispiel für Projektleitung, Verwaltung oder technische Spezialaufgaben – ist LinkedIn eine wertvolle Ergänzung. Hierzu kannst du auch einfach direkt Stellenanzeigen schalten, denn natürlich ist LinkedIn nicht nur ein soziales Netzwerk, sondern wird von vielen Nutzern vor allem für die Jobsuche genutzt. Bauleiter, Ingenieurinnen, TGA-Fachplaner oder Elektromeisterinnen suchen oftmals direkt auf LinkedIn nach einer passenden neuen Stelle: Mit deiner Präsenz sorgst du dann dafür, dass sie auch wirklich fündig werden.
Um potenzielle Mitarbeiter für dein Team zu gewinnen, solltest du LinkedIn zugleich für Employer Branding nutzen. Wer ein authentisches und attraktives Bild seines Betriebs vermittelt, macht sich als Arbeitgeber interessant. Das gelingt zum Beispiel, indem du dein Team vorstellst, Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten darlegst oder wichtige Werte und Benefits wie Familienfreundlichkeit, Qualitätsbewusstsein oder Innovationsgeist hervorhebst. Potenzielle Bewerberinnen und Bewerber erfahren so, wie der Arbeitsalltag aussieht und welche Betriebskultur sie erwartet.
Stelle dir das LinkedIn-Profil deines Betriebs am besten wie eine digitale Visitenkarte vor, die du übrigens auch auf deiner Website verlinken solltest: So entsteht ein glaubwürdiges Bild von dir als Arbeitgeber, das Fachkräfte aus deinem Gewerk überzeugt, egal ob sie sich aktiv auf Jobsuche befinden oder nur zufällig über dein Profil gestolpert und durch die interessanten Inhalte neugierig geworden sind.
Image stärken
Eng verbunden mit dem Employer Branding ist die allgemeine Imagepflege, um dich als kompetenten und modernen Handwerksbetrieb zu präsentieren. Während auf der eigenen Website meist nur Leistungen und Referenzen aufgelistet sind, geht das auf LinkedIn, indem du zum Beispiel regelmäßig Fachartikel oder Erfahrungsberichte veröffentlichst, die dein Know-how zeigen und dein Unternehmen als Experte positionieren.
Hast du dir als Schreinerbetrieb etwa eine neue CNC-Fräsmaschine zugelegt? Erzähle dann am besten direkt, wie du sie in einem neuen Projekt eingesetzt hast und berichte zugleich von den neuesten Trends in diesem Bereich. Oder hast du letztens einen spannenden Artikel zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz bei der vorausschauenden Wartung gelesen, der dich fasziniert hat? Teile diese Information einfach mit deinen Followern und frage sie nach ihrem Standpunkt. Solche Beiträge beweisen nicht nur Fachkompetenz, sondern auch Innovationsbereitschaft – ein starkes Signal an potenzielle Kunden, Partner und Mitarbeitende.
Noch effektiver wird die Imagebildung, wenn obendrein persönliche Accounts aktiv werden, denn Menschen folgen lieber anderen Menschen als anonymen Unternehmensseiten. Als Inhaber solltest du also unbedingt ein LinkedIn-Profil führen und dieses regelmäßig bespielen – manche Handwerker verzichten sogar auf das Unternehmensprofil und nutzen nur ihren persönlichen Account, um auf LinkedIn sichtbar zu werden. Hier kannst du auch eigene Ansichten äußern, zu wichtigen Herausforderungen wie Bürokratie oder Digitalisierung Stellung beziehen und so als meinungsstarke Stimme deines Gewerks auftreten.
Wichtig ist nur eine authentische Perspektive: So entsteht Nähe und Glaubwürdigkeit, was wiederum mehr Interaktion erzeugt und langfristig auf die Reputation deines Betriebs einzahlt.
B2B-Kontakte aufbauen
LinkedIn ist in erster Linie ein Netzwerk für berufliche Kontakte – und genau darin liegt die große Stärke für Handwerksbetriebe. Während du auf Facebook oder Instagram hauptsächlich Privatkunden erreichst, findest du auf LinkedIn z. B. Architekten, Planer, Bauträger oder Zulieferer, mit denen sich neue Geschäftsbeziehungen aufbauen lassen. Gerade für Betriebe, die im B2B-Bereich (Business-to-Business) tätig sind, ist der Aufbau eines engmaschigen Branchennetzwerks deshalb unerlässlich.
Auch wenn Aufträge natürlich nicht über LinkedIn vergeben werden, kann das LinkedIn-Profil eine sinnvolle Ergänzung zur Unternehmenswebsite darstellen, damit sich potenzielle Kunden ein Bild vom Betrieb machen können. Anke Voss – Handwerkerin und LinkedIn-Userin – erzählt: „Sucht beispielsweise ein Auftraggeber Informationen über unser Unternehmen und unsere Arbeit, bietet LinkedIn ein Tor nach innen, um unsere DNA kennenzulernen. Direkte Aufträge bringt uns das eher nicht, aber es ergibt sich auf diesem Weg ein erstes zartes Pflänzchen einer geschäftlichen Verbindung.“2
Darüber hinaus bietet LinkedIn zahlreiche Gruppen und Diskussionsforen, in denen du dich mit Fachleuten austauschen kannst. Wer hier mit fundierten Beiträgen oder praxisnahen Kommentaren sichtbar wird, stärkt nicht nur das eigene Image, sondern knüpft auch wertvolle Kontakte für künftige Projekte, gerade wenn du bewusst relevanten Unternehmen folgst und die Interaktion mit Entscheidern suchst. So entsteht ein stabiles B2B-Netzwerk, das zwar nicht den klassischen Vertrieb ersetzt, aber wie ein andauerndes virtuelles Networking-Event dafür sorgt, dass dein Betrieb im Gedächtnis bleibt, was wiederum die Tür zu größeren Aufträgen oder langfristigen Kooperationen öffnen kann.
Best Practices: 5 Tipps für mehr Sichtbarkeit auf LinkedIn
Mit einer Anmeldung auf LinkedIn ist nur der erste Schritt getan. Damit deine Beiträge auch wirklich Erfolg haben, solltest du dir zu Beginn erst eine Strategie überlegen und entscheiden, welche Ziele du überhaupt verfolgst und welches Publikum du ansprechen willst. Stelle dir dabei auch die Frage, ob ein LinkedIn-Account überhaupt Sinn ergibt – wenn du beispielsweise nur mit Endkunden kommunizieren willst oder dich auf der Plattform nicht wohlfühlst, reichen andere soziale Netzwerke vollkommen aus.
Die Möglichkeiten für Beiträge auf LinkedIn sind aber schier grenzenlos – vom Infopost über die Nutzung von Drohnen für das Dachaufmaß über den Videobericht von der Anfertigung eines personalisierten Möbelstücks bis hin zum polarisierenden Meinungsstück über das geplante neue Heizungsgesetz der Bundesregierung. Das heißt aber nicht, dass du jedes Format abdecken musst, im Gegenteil: Teile nur Posts, mit denen du dich identifizieren kannst und die dich und deinen Betrieb authentisch wiedergeben.
Aber ganz gleich, wie du dein LinkedIn-Profil gestalten willst – hier sind fünf wichtige Grundlagen, die auf jeden Fall beherzigen solltest:
- 1. Regelmäßig posten: Wer zu wenig postet, wird schnell wieder vergessen. Experten empfehlen mindestens einen Beitrag pro Woche. Flute aber nicht die Timeline deiner Follower mit belanglosen Posts, denn auch hier gilt – Qualität über Quantität.
- 2. Persönliche Profile einbinden: Menschen folgen lieber Menschen als Unternehmen, und auch der LinkedIn-Algorithmus priorisiert Personenprofile. Lege deswegen unbedingt ein persönliches Profil an und teile dort regelmäßig Beiträge, wenn du deinen Betrieb auf LinkedIn etablieren willst. Und wenn du Mitarbeiter hast, die sich dafür interessieren – beziehe auch sie mit ein!
- 3. Präsenz durch Kommentare zeigen: LinkedIn besteht nicht nur aus Posts, sondern ebenso aus Kommentaren. Interagiere deshalb mit Gleichgesinnten, indem du auf Kommentare unter deinen Beiträgen reagierst und selbst Beiträge von anderen Handwerkern kommentierst – so entstehen schnell Kontakte.
- 4. Direkte Werbung vermeiden: Offensichtliche Selbstbeweihräucherung und plakative Werbesprüche wirken penetrant und haben deshalb auf deinem Profil nichts verloren. Bleib authentisch, ehrlich und glaubwürdig!
- 5. Wirksamkeit evaluieren: Zu einer gelungenen LinkedIn-Strategie gehört es auch, dass du kontinuierlich überprüfst, wie erfolgreich deine Beiträge eigentlich sind. Schau dir an, ob deine Posts die gewollte Resonanz erzeugen, welche Formate besonders gut ankommen und ob sich der Zeitaufwand überhaupt lohnt.
Vergiss gleichzeitig aber nicht: Dass dein LinkedIn-Account innerhalb von wenigen Wochen durch die Decke schießt, ist nicht sonderlich realistisch. Lass dich deshalb nicht entmutigen, wenn die Followerzahl nur langsam ansteigt und bleib am Ball – Social Media ist ein Marathon, der viel Geduld erfordert.
Quellen
1: Mega-Handwerk.de (2024): Social-Media-Marketing für Handwerker 2024 – Tipps, Tricks und Fallstricke, https://www.mega-handwerk.de/2024/07/06/social-media-marketing-handwerker
2: Handwerk.com (2025): LinkedIn macht Handwerksbetriebe sichtbarer, https://www.handwerk.com/linkedin-macht-handwerksbetriebe-sichtbarer

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