Was ist eine SOP?
Die Abkürzung SOP steht für Standard Operation Procedures, auf Deutsch also Standardvorgehensweise oder auch Standardarbeitsanweisung. Sie bezeichnet damit eine verbindliche textliche Beschreibung einer Vorgehensweise, einschließlich der Überprüfung der Ergebnisse und deren Dokumentation, besonders im Fall kritischer Vorgänge mit potenziellen Auswirkungen auf Umwelt, Gesundheit und Sicherheit. SOPs dienen unter anderem der behördlichen Zulassung von Produkten und Dienstleistungen und spielen vor allem in der Pharmazie, der Luft- und Raumfahrt sowie beim Militär eine Rolle.
Ein einfaches Beispiel, das vor allem während der Corvid-19-Pandemie alltäglich wurde, ist die Anleitung zum korrekten Händewaschen, die häufig in öffentlich zugänglichen Toiletten aushängt. Ein Beispiel für eine offizielle SOP ist die Reinigung von Produktionsräumen in der Pharmabranche nach GMP (Good Manufacturing Process). Verstöße gegen solche offiziellen SOPs können teils harte Konsequenzen haben und sogar zu einem Verbot von Produkten oder Dienstleistungen führen.
Unterschied: Checklisten, Arbeitsanweisung, SOP
Für eine SOP gibt es keine allgemein feststehende Struktur. Sie kann in Form einer schriftlichen Arbeitsanweisung vorliegen, als Checkliste oder in einer Mischform. Wichtig ist, dass eine SOP nur auf einen Vorgang angewandt werden kann, der jedes Mal gleich ausgeführt wird. Dabei ist das Hauptmerkmal der SOP die Detailliertheit: Eine SOP sagt nicht nur, was zu tun ist, sondern beschreibt genau, wie etwas zu tun ist.
Für die Anwendung im Arbeitskontext außerhalb behördlicher Kontrolle bleibt die Unterscheidung zwischen SOP und Arbeitsanweisung also eher unscharf. In privatwirtschaftlichen Unternehmen wie Handwerksbetrieben kann die Einführung von SOPs, die sich im Grad ihrer Detailliertheit von möglichen bereits vorhandenen Anweisungen deutlich abheben sollten, sinnvoll sein. Sie helfen dabei, Fehler zu vermeiden, die Sicherheit zu verbessern oder neue Kolleg*innen besser einarbeiten zu können.
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SOP im Handwerk
Eine SOP ist nicht grundsätzlich für jeden Ablauf sinnvoll. Deine Kolleg*innen werden beispielsweise keine detaillierte Anleitung brauchen, wie sie den Dienstwagen tanken oder ihre Frühstückspause verbringen sollen. Geht es aber darum, das für einen Auftrag nötige Werkzeug ins Fahrzeug zu laden, könnte dies schon ein Teil einer SOP sein. Die Anweisung soll möglichst detailliert erklären, wer, was, wann und wo zu welchem Zweck und vor allem wie auszuführen hat.
Standard Operation Procedures sind entsprechend vor allem in größeren Betrieben sinnvoll, in denen sich die Kommunikation häufig komplizierter gestaltet, als in kleinen Teams. Aber auch Kleinbetriebe können von ihnen profitieren: Beispielsweise, wenn neue Mitarbeitende oder Auszubildende eingearbeitet werden müssen, oder Aufgaben koordiniert werden, die nicht häufig anfallen, jedoch stets nach dem gleichen Prozedere ablaufen.
Praxisleitfaden: SOPs erstellen
Im Folgenden wollen wir anhand von Beispielen aus dem Elektroniker-Handwerk erläutern, wie SOPs verfasst werden können und wie mit ihnen gearbeitet werden kann. Die Beispiele dienen dabei der Anschaulichkeit und dem besseren Verständnis. Selbstverständlich kann der Leitfaden auch auf andere Gewerke angewendet werden.
Vorab ist noch wichtig festzustellen, dass keine SOP der anderen gleicht, sondern sie immer individuell zu erstellen sind. Ironischerweise gibt es kein allgemeines Standardverfahren für die Erstellung von SOPs. Eine Standard Operation Procedure sollte in aller Regel folgende Punkte enthalten:
- Ziel und Zweck des Prozesses: Was soll erreicht werden und warum?
- Anwendung: Auf welchen Arbeitsbereich wird die SOP angewendet?
- Beschreibung des Ablaufs: Wie wird die Tätigkeit ausgeführt?
- Zuständigkeit: Wer ist zuständig und kann/darf die Tätigkeit ausführen?
- Dokumentation: Was, wo, wie, durch wen, mit welchem Ergebnis?
Schritt 1: Vom Ziel aus denken
SOPs sollen nicht nur einen Arbeitsprozess beschreiben, sondern diesen möglichst gesamtheitlich erfassen und beschreiben. Daher ist es wichtig auch den Sinn dahinter in der SOP zu erläutern. Soll es im Dokument beispielsweise um das Verfahren zur Verkabelung eines Wohngebäude-Rohbaus gehen, sollte zuerst beschrieben werden, dass nur eine korrekte Vorgehensweise die Sicherheit der Kolleg*innen auf dem Bau, die spätere Zuverlässigkeit und Funktionsweise, die rechtliche Absicherung sowie die spätere Wartungsfreundlichkeit gewährleisten kann.
Frage Nummer eins bei einer SOP sollte also immer lauten: Was beabsichtigt das Verfahren? Den Sinn und Zweck hinter einem Verfahren zu erläutern hilft Mitarbeitenden außerdem dabei, sich besser mit ihrer Arbeit identifizieren zu können. Wie Studien zeigen, legen besonders jüngere Menschen aus der Generation Z großen Wert auf eine sinnhafte Tätigkeit. Die Sinnhaftigkeit anhand der SOP herauszustellen, kann also auch motivieren.
Schritt 2: Umfang und Format bestimmen
Eine SOP kann in verschiedenen Formaten aufgesetzt werden: als Textdokument, Checkliste, Anleitung in Stichpunkten, Flussdiagramm oder (häufig die beste Wahl) eine Mischung aus mehreren Formaten. Ein Flussdiagramm eignet sich beispielsweise besonders, wenn ein Arbeitsschritt von bestimmten Gegebenheiten abhängig ist und entsprechend leicht unterschiedlich ausgeführt werden kann.
Bezieht sich ein Schritt in der SOP zum Beispiel auf die Steckdoseninstallation im Bestand und die Leiterfarben weichen bei einem alten Kabel vom heutigen Standard (braun, glaub, grün-gelb) ab, müssen die Leiter mit einem zweipoligen Spannungsprüfer eindeutig bestimmt werden, bevor eine Klemme angebracht werden kann. Diese Variable könnte eine SOP im Diagrammformat abbilden.
Um Ressourcen zu sparen und SOPs leichter vervielfältigen zu können, solltest du sie für deine Mitarbeitenden digital verfügbar machen. Gerade bei umfangreichen SOPs ist ein unveränderbares Format entscheidend, damit Reihenfolgen eingehalten werden können. Achte also darauf, die SOP etwa über ein digitales PDF, das zum Beispiel in eurer Handwerkersoftware hinterlegt wird, deinen Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen. Einzelne Elemente der SOP, wie Checklisten, kannst du auch noch einmal separat digital zur Verfügung stellen.
Schritt 3: Früh genug Feedback einholen
Steht das Konzept und das Format der SOP, sollte bereits ein erstes Feedback von Mitarbeitenden eingeholt werden. Immerhin sind sie es auch, die später damit arbeiten sollen. Eine SOP muss keine „von oben“ angeordnete Maßnahme sein, sondern kann und sollte sogar nach dem „Vier-Augen-“ oder besser noch dem „Sechs-Augen-Prinzip“ erstellt werden. Frag deine Kolleg*innen also früh genug, was ihrer Meinung nach auf jeden Fall in die SOP gehört und lass sie am Entstehungsprozess teilhaben.
Schritt 4: SOP verfassen
Nachdem du dir Gedanken über das Ziel der SOP, dein Publikum, Format und Umfang der SOP gemacht hast, ist es an der Zeit, sie tatsächlich zu schreiben. Der genaue Aufbau hängt dabei natürlich vom Umfang und Format ab. SOPs zu aufwändigen Verfahren, wie beispielsweise die Messung und Prüfung eines neu errichteten Endstromkreises nach DIN VDE 0100-600 kannst du dir ähnlich wie eine kurze wissenschaftliche Arbeit vorstellen.
Gib dem SOP einen aussagekräftigen Titel, ein Gültigkeitsdatum und schreibe auf die erste Seite, für wen sie gültig ist. Dann folgt ein Inhaltsverzeichnis und schließlich der Hauptteil. Dieser sollte sowohl eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, Details zu möglichen Hindernissen und Sicherheitshinweise, als auch Material- und Werkzeuglisten, Definitionen für Begriffe und Abkürzungen und Kontaktmöglichkeiten für Ansprechpartner enthalten. In dem konkreten Beispiel könntest du außerdem Dokumente anhängen, die die entsprechende DIN-Norm betreffen.
Schritt 5: Testen und verbessern
Bevor du die SOP in deinem Betrieb verpflichtend einführst, solltest du dir Zeit nehmen, sie von deinen Fachkräften durchsehen und testen zu lassen, Verbesserungsvorschläge einholen und diese einarbeiten. Nur so kann langfristig ein reibungsloser Ablauf garantiert werden und die Vorteile einer SOP kommen wirklich zum Tragen.
Auch Änderungen von außen, wie etwa durch neue Normen und Gesetze oder neue Materialien, können Einfluss auf eine SOP nehmen. Dementsprechend ist es auch wichtig, der SOP erst einmal ein „Haltbarkeitsdatum“ zu geben, sie zu gegebener Zeit zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. SOPs können oft über Jahre hinweg genutzt werden, sollten jedoch stets modernen Standards entsprechen.
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SOP mit ChatGPT erstellen
Insbesondere wenn du noch nie zuvor mit SOPs gearbeitet und dementsprechend nur eine vage Vorstellung von ihrem Aufbau hast, liegt es nahe, sie mit Hilfe von KI-Chatbots bzw. LLMs (Large Language Models) wie ChatGPT zu erstellen. Dabei sollte dir bewusst sein, dass die KI zwar über viel Fachwissen verfügt, die jeweiligen Eigenheiten deines Betriebs und deiner Mitarbeitenden jedoch nicht kennt.
Entsprechend viele Informationen wirst du ChatGPT geben müssen, damit der Bot dir eine spezifische SOP erstellen kann. Teile ihm in jedem Fall mit, wie groß dein Betrieb ist, wie viele und welche Mitarbeiter mit der SOP arbeiten sollen, welches Format du ausgegeben haben möchtest – und selbstverständlich, um welche Tätigkeit es geht. Ein KI-Prompt für eine SOP zur „Messung und Prüfung eines neu errichteten Endstromkreises nach DIN VDE 0100-600“ könnte in etwa so aussehen:
Das Ergebnis dieses Prompts an ChatGPT kannst du dir hier ansehen. Selbstverständlich solltest du die nun generierte SOP nicht ungeprüft übernehmen. Überprüfe sie gewissenhaft und füge Änderungen hinzu, wo es nötig ist. Die KI-Version ist jedoch ein guter Einstieg, wenn SOPs für dich noch Neuland sind. Auch die weiteren Änderungen kannst du bei Bedarf mit Hilfe von KI einarbeiten.
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SOPs als Schlüssel zur Automatisierung
Die Einrichtung einer oder mehrere SOPs ist ein idealer Anlass, um standardisierte und wiederkehrende Prozesse im Alltag des eigenen Betriebs zu identifizieren. So wie es für bestimmte Tätigkeiten ein festgeschriebenes Set an Arbeitsschritten für Mitarbeiter auf der Baustelle gibt, kann ein ähnliches Aufgabenset auch im Büro angewandt werden. Typischerweise trifft dies auf die Kundenkommunikation, die Terminerstellung und die Auftragsplanung zu.
Viele gleichbleibende Schritte werden hier stets aufs Neue fast mechanisch wiederholt. Wenn diese Prozesse ohnehin schon digital ablaufen, können sie mit der richtigen Software auch automatisiert werden. Die Automatisierung entspricht dann quasi einer SOP für die genutzte Handwerkersoftware. Lies hier mehr über die Möglichkeiten zur Automatisierung deiner Verwaltungsaufgaben.
Fazit: Wie sinnvoll sind SOPs für Handwerker?
Standard Operation Procedures können ein wichtiges Werkzeug im Umgang mit wiederkehrenden standardisierten Prozessen sein. Wie sinnvoll es ist, im Handwerk mit SOPs zu arbeiten, liegt im Ermessen des jeweiligen Betriebs. Gerade, wenn es jedoch um genormte oder gar für Mitarbeitende oder Dritte gefährliche Prozesse geht, sollte über die Einführung einer entsprechenden SOP nachgedacht werden.
SOPs können jedoch auch an anderen Stellen hilfreich sein, etwa wenn es darum geht, neue Mitarbeiter*innen einzuarbeiten oder Auszubildende anzuleiten. Die Erstellung einer SOP sollte dabei – ob mit oder ohne KI – nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Nimm dir Zeit dafür und besprich deine Fortschritte mit Mitarbeitenden. Gemeinsam könnt ihr eine SOP erstellen, die zu mehr Sicherheit, weniger Fehlern und einer schnelleren Ausführung der Arbeit beiträgt!
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