Digitale Transformation in vollem Gang
Das Thema Digitalisierung ist seit vielen Jahren in aller Munde und es werden regelmäßig verschiedenste Studien von diversen Organisationen und Unternehmen dazu durchgeführt. Teilweise werden unterschiedliche Aspekte der Digitalisierung genauer beleuchtet oder es werden nur bestimmte Branchen angeschaut. Manchmal geht es um den nationalen Vergleich, mitunter aber auch um eine weltweite Gegenüberstellung. Hier ist es schwer, den Überblick zu behalten.
Wir haben versucht, die wichtigsten Studien und deren Ergebnisse für dich in diesem Artikel zusammenzufassen. Dafür sehen wir uns zunächst drei relevante Studien zum Stand der Digitalisierung innerhalb Deutschlands an und werfen im Anschluss einen kurzen Blick auf die Situation innerhalb Europas und weltweit. Die meisten Studien untersuchen den Digitalisierungsgrad branchenübergreifend; wir haben uns bemüht, dort wo es möglich war, das Handwerk im Einzelnen anzuschauen.
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Nationale Studien Digitalisierung
Auf der nationalen Ebene gibt es eine Vielzahl an Institutionen, Forschungseinrichtungen sowie privaten Unternehmen, welche die Digitalisierung und deren Auswirkungen auf die Wirtschaft untersuchen. Hier ist etwa die Bitkom Research GmbH als Tochterunternehmen des Digitalverbands Deutschlands zu nennen, außerdem die Initiative D21, Deutschlands größtes gemeinnütziges Netzwerk für die Digitale Gesellschaft, oder auch der Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V. (BVDW), welcher als Kompetenzzentrum für die Digitalisierung in Deutschland fungiert.
Auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die Unternehmen McKinsey und pwc tauchen im allgemeinen Zusammenhang von Digitalisierung immer wieder auf. Wir haben uns aber auf den Digitalisierungsindex Mittelstand und Handwerk, die Bitkom-Studie sowie den D21 Digital Index begrenzt.
Digitalisierungsindex Mittelstand & Handwerk 2019/2020
Im Sommer 2019 wurden zum vierten Mal rund 2.100 Unternehmen aller Branchen von techconsult im Auftrag der Deutschen Telekom zum Thema Digitalisierung befragt. Die Ergebnisse wurden einmal branchenübergreifend zusammengefasst, um den durchschnittlichen digitalen Status quo des deutschen Mittelstandes zu erfassen. Für bestimmte Wirtschaftszweige wie etwa Handwerk, Handel oder Industrie wurden außerdem Teilstudien angefertigt. Vier Handlungsfelder wurden genauer untersucht: „die Beziehung zum Kunden“, „die Produktivität im Unternehmen“, „Digitale Angebote und Geschäftsmodelle“ sowie „IT-Sicherheit und Datenschutz.“
Fasst man die wichtigsten Ergebnisse der Studie zusammen, wird deutlich, dass der Digitalisierungsgrad über alle Branchen und Unternehmensgrößen hinweg weiter angestiegen ist. Mittelständische Unternehmen erreichen aktuell 56 von 100 möglichen Punkten im Digitalisierungsindex, im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Indexpunkt mehr. Mittlerweile wird Digitalisierung außerdem von jedem zweiten Betrieb als strategisches Projekt aufgefasst, auch hier verglichen mit dem letzten Jahr ein Zuwachs von 6 Prozentpunkten. Ein weiterer starker Anstieg lässt sich im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) feststellen, 71 Prozent der Befragten gaben an, dass sie in KI eine Chance für ihr Unternehmen sehen.
Schaut man sich die Ergebnisse in den verschiedenen Handlungsfeldern branchenübergreifend an, lässt sich erkennen, dass die beiden Bereiche „Beziehung zum Kunden“ und „IT-Sicherheit und Datenschutz“ mit jeweils 2 Indexpunkten den höchsten Zuwachs haben. Die Rubrik „Digitale Angebote und Geschäftsmodelle“ ist um einen Indexpunkt angewachsen, während die Produktivität im Unternehmen im Vergleich zu 2018 gleichbleibend bewertet wurde.
Wenn man die Indexwerte aller Branchen, mit denen im Handwerk vergleicht, zeigen sich leichte Unterschiede zugunsten des Handwerks. Im Digitalisierungsindex liegt die Handwerksbranche mit einem Wert von 57 Punkten einen Punkt vor dem branchenübergreifenden Durchschnitt. Bezogen auf die vier Handlungsfelder, liegt das Handwerk bei der Beziehung zu den Kunden und der Produktivität im Unternehmen jeweils 2 Indexpunkte vor dem gesamten Mittelstand. Bei dem Punkt „Digitale Angebote und Geschäftsmodelle“ liegt es sogar mit 3 Punkten vorn. Im Bereich „IT-Sicherheit und Datenschutz“ allerdings liegt das Handwerk 3 Indexpunkte hinter dem mittelständischen Durchschnittswert.
Möchte man den Digitalisierungsgrad im Handwerk mit anderen Branchen innerhalb Deutschlands vergleichen, liegt das Handwerk mit seinem Digitalisierungsindex von 57 Punkten im mittleren Bereich. Die ermittelten Indexwerte von techconsult für die einzelnen Branchen liegen zwischen 51 (Freiberufliche, wissenschaftliche, technische, wirtschaftliche Dienstleistungen) und 65 (Banken und Versicherungswesen). Grundsätzlich sind deutsche mittelständische Unternehmen im vergangenen Jahr in puncto Digitalisierung weiter vorangekommen und befinden sich, abgesehen von einigen Ausnahmen, auf dem richtigen Weg.
Bitkom-Studie
Auch die Bitkom Research GmbH führt regelmäßig repräsentative Studien zur Digitalisierung in deutschen Unternehmen durch. Seit 2016 ermitteln die Forscher alle zwei Jahre aus den Ergebnissen einen Digital Office Index. Dieser wird anhand von Indikatoren aus den drei Bereichen „Digitalisierungsvoraussetzungen“, „Digitalisierungsfortschritt“ und „Digitalsierungsperspektive“ berechnet. Im Sommer 2020 wurden zum dritten Mal knapp 1.100 deutsche Unternehmen aller Branchen mit mindestens 20 Mitarbeitern zur Digitalisierung von Büro- und Verwaltungsprozessen befragt.
Beim diesjährigen Digital Office Index erreichten deutsche Unternehmen durchschnittlich 55 von 100 möglichen Indexpunkten. Im Branchenvergleich liegt das Banken- und Finanzwesen mit einem Indexwert von 59 Punkten an vorderster Stelle, während die Handwerks- und Baubranche mit 55 Punkten im Mittelfeld liegt. Das Schlusslicht bildet die Transport- und Logistikbranche mit einem Digital Office Index von 53 Punkten. Diese Werte decken sich in etwa mit denen des Digitalisierungsindex Mittelstand und Handwerk.
Weitere Kernergebnisse der Bitkom-Studie machen deutlich, dass die Digitalisierung in Deutschland durch die Corona-Krise noch einmal einen deutlichen Aufschwung bekommen hat. Viele Unternehmen haben im Zuge der Pandemie in Hardware und Software investiert, das zeigt sich auch darin, dass in den Büros immer weniger Papier genutzt wird. Darüber hinaus stellen die Forscher einen Zusammenhang zwischen Unternehmensgröße und Digitalisierungsgrad fest. Die Großunternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern erreichen 67 Punkte im Digital Office Index und liegen damit deutlich vor den kleinen und mittleren Unternehmen mit 53 bzw. 59 Punkten.
D21 Digital Index 2019/2020
Die Initiative D21, Deutschlands größtes gemeinnütziges Netzwerk für die Digitale Gesellschaft, führt seit 2013 in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann Stiftung und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie jährlich eine groß angelegte Studie zum Stand der Digitalisierung in der deutschen Gesellschaft durch. Rund 20.500 BundesbürgerInnen werden hierfür befragt. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt auf der Einstellung der Gesellschaft gegenüber der zunehmenden Digitalisierung, daneben untersucht die Studie aber auch den Einfluss der Digitalisierung auf den Fachkräftemangel und das Arbeitsleben allgemein.
Der Digital Index wird aus den Indexkomponeten „Zugang zur Digitalisierung“, „Nutzungsverhalten“, „Digitale Kompetenzen“ und „Offenheit gegenüber der Digitalisierung“ gebildet. Der Digital Index 2019/2020 liegt bei 58 von 100 möglichen Punkten, im Vergleich zum Vorjahr ein Zuwachs von 3 Punkten. Im Schnitt ist bei allen vier Bereichen ein Zuwachs zwischen 1 und 4 Punkten zu verzeichnen. Insbesondere das Nutzungsverhalten und der Zugang zur Digitalisierung sind angestiegen und erreichen jeweils vier Punkte mehr als vergangenes Jahr. 86 Prozent der deutschen Bevölkerung sind online, hauptsächlich auf mobilen Endgeräten.
Die Forscher haben aus den Antworten darüber hinaus drei verschiedene Nutzergruppen ermittelt: Die digitalen VorreiterInnen, die digital Mithaltenden sowie die digital Abseitsstehenden. Erstmals bilden die digitalen Vorreiter die größte Gruppe. Die Ergebnisse des Digital Index 2019/2020 ähneln denen der vorangegangenen Studien und bestätigen die bereits in den letzten Jahren erkennbare Entwicklung, dass die deutsche Gesellschaft zunehmend digitaler wird.
Studie (innerhalb Deutschlands) | Durchschnittlicher Wert für Deutschland |
---|---|
Digitalisierungsindex Mittelstand & Handwerk | 56 von 100 möglichen Punkten |
Bitkom-Studie (Digital Office Index) | 55 von 100 möglichen Punkten |
D21 Digital Index | 58 von 100 möglichen Punkten |
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Digitalisierung - Vergleich innerhalb Europas
Möchte man das Digitalisierungslevel innerhalb Deutschlands mit den anderen Ländern der EU vergleichen, gibt der Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (Digital Economy and Society Index - DESI) Aufschluss. Der DESI ist ein zusammengesetzter Index, der seit 2014 jährlich von der EU-Kommission veröffentlicht wird. Er untersucht den Stand der Digitalisierung in den EU-Mitgliedsstaaten anhand der fünf Kategorien „Konnektivität“, „Humankapital“, „Internetnutzung“, „Integration der Digitaltechnik“ sowie „Digitale öffentliche Dienste“.
Der EU-Durchschnitt liegt für 2020 bei 52 Indexpunkten. Finnland, Schweden und Dänemark gehören mit Indexwerten um die 70 herum zu den Spitzenreitern der digitalen Volkswirtschaften in der EU, Deutschland liegt mit 56 Punkten im oberen Mittelfeld, während Bulgarien, Griechenland und Rumänien mit Werten unter 40 das Schlusslicht bilden. Der DESI misst außerdem die Fortschritte der einzelnen Mitgliedstaaten auf dem Weg zur digitalen Wirtschaft und Gesellschaft. 2020 sind die größten Fortschritte in Irland zu verzeichnen, dicht gefolgt von Malta und Spanien.
Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) 2020 | EU-Mitgliedsstaat |
---|---|
Platz 1 | Finnland |
Platz 2 | Schweden |
Platz 3 | Dänemark |
Platz 12 | Deutschland |
Platz 25 | Rumänien |
Platz 26 | Griechenland |
Platz 27 | Belgien |
Digitalisierung - internationaler Vergleich
Auch auf außereuropäischer Ebene gibt es viele verschiedene Untersuchungen und Ländervergleiche zum Thema Digitalisierung. Eine der bekanntesten und unabhängigsten Studien wird jährlich vom International Institute for Management Development (IMD) durchgeführt. Das sogenannte IMD World Digital Competitiveness Ranking stellt die unterschiedlichen Länder bezogen auf die Bereiche „Digitale Fähigkeiten“, „Technologien“ und „Zukünftige Digitalisierungsperspektiven“ gegenüber. 2020 wurde so zum vierten Mal die digitale Wettbewerbsfähigkeit von 63 Ländern miteinander verglichen.
In diesem Jahr landete Deutschland auf Platz 18 und rutscht damit im Vergleich zu 2019 um einen Punkt ab. Damit befindet sich Deutschland derzeit im globalen Mittelfeld, platziert sich aber von allen großen EU-Volkswirtschaften noch am besten. Den ersten Platz belegen die USA, gefolgt von Singapur und Dänemark auf Platz zwei und drei. Auf den letzten drei Plätzen landen Venezuela, die Mongolei und Kolumbien. Den schnellsten und erfolgreichsten Zuwachs konnte China verzeichnen. Das Land der Mitte hat sich in den letzten fünf Jahren im IMD World Digital Competitiveness Ranking von Platz 35 auf Platz 16 vorgearbeitet.
Studie (Ländervergleich) | Durchschnittlicher Wert für Deutschland |
---|---|
Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) - innerhalb der EU | 56 von 100 möglichen Punkten |
IMD World Digital Competitiveness Ranking - weltweit | Platz 18 von 63 |
Deutschland im digitalen Wandel
Bei der Vielzahl der Studien ist es sehr schwer, den Überblick zu behalten, die Menge der Untersuchungen zum Thema Digitalisierung macht aber auch die Relevanz der Thematik deutlich. Schon vor der Corona-Pandemie hatte die Digitalisierung einen relativ hohen Stellenwert, die Krise hat aber zusätzlich noch einmal gezeigt, wie wichtig digitale Kompetenzen tatsächlich sind. Fasst man die wesentlichen Ergebnisse zusammen, bleibt festzuhalten, dass Deutschland sich mitten im digitalen Wandel befindet und sowohl innerhalb der EU als auch im weltweiten Vergleich immer noch im oberen Mittelfeld liegt.
Zwar konnte Deutschland in den letzten Jahren vergleichsweise wenig Fortschritt erzielen, das liegt aber auch daran, dass die deutschen Unternehmen schon relativ früh angefangen haben, Digitalisierung auf ihre Agenda zu setzen. Sicher gibt es noch einige Probleme zu lösen, wie etwa die mangelnde Verfügbarkeit von drahtlosem Breitbandinternet, generell befindet sich Deutschland aber auf dem richtigen Weg. Insbesondere in bestimmten Branchen könnte noch mehr digitalisiert werden, Deutschland als digitalen Nachzügler oder gar Verlierer zu bezeichnen, ist aber aus unserer Sicht nicht zutreffend.
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