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Triales Studium im Handwerk

Vorschlaghammer meets Vorlesungssaal: Alles zum trialen Studium für Handwerker

Michel Vo  | 27.10.2025  |  Lesezeit: Minuten

Drei Abschlüsse, ein Ziel: Mit dem trialen Studium vereinen junge Handwerker Lehre, Meisterschule und Studium in einem kompakten Bildungsgang. Erfahre hier, wie das einzigartige Zukunftsmodell Theorie und Praxis verbindet – und den Betriebsinhaber von morgen ausbildet.

Bild: Triale Studierende im Handwerk
Dreifach qualifiziert: Im trialen Studium werden Junghandwerker zum Gesellen, Meister und Akademiker ausgebildet.

Handwerk trifft Hochschule: Was ist ein triales Studium?

Werkbank, Meisterschule und Hörsaal – drei Welten, die bisher nur selten zusammenkamen. Das triale Studium, ein junges Konzept im deutschen Handwerk, vereint genau diese Bereiche in einem kompakten Bildungsgang. Wahrscheinlich hast du schon von einem dualen Studium gehört, bei dem eine Berufsausbildung mit einem Hochschulabschluss kombiniert wird. Beim trialen Studium kommt als dritter Baustein noch die Meisterqualifikation hinzu, Absolventen erhalten also gleich drei Abschlüsse auf einmal: Gesellenbrief, Meisterbrief sowie einen Bachelorabschluss.

Dieses neuartige Modell wurde 2010 von der Handwerkskammer zu Köln gemeinsam mit der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) entwickelt, um dem wachsenden Fachkräftemangel zu begegnen. Das hängt auch damit zusammen, dass immer mehr Schulabgänger sich für ein Studium entscheiden, während die klassische Ausbildung an Attraktivität verliert – mittlerweile gibt es in Deutschland fast doppelt so viele Studierende wie Azubis. Das spürt unter anderem das Handwerk, wo sich die Anzahl an Auszubildenden seit 2010 fast halbiert hat.

Mit einem modernen und vielseitigen Bildungsangebot wie dem trialen Studium sollen also Abiturienten und Fachabiturienten für das Handwerk gewonnen werden. Hier können sie praxisnah arbeiten und studieren, aber gleichzeitig auch schon unternehmerische Fähigkeiten erlernen, um später einen Betrieb zu gründen oder zu übernehmen. Somit begegnet das triale Studium nicht nur dem Fachkräftemangel und Führungskräftemangel, sondern ist auch eine Maßnahme gegen das zunehmende Problem der Betriebsnachfolge – Schätzungen zufolge werden schon in den nächsten fünf Jahren knapp 125.000 Betriebsübergaben fällig sein, Tendenz steigend. Das triale Studium ist somit ein spannender Bildungsweg, der hoffentlich zur Zukunftsfähigkeit des Handwerks beiträgt.

Geselle, Meister, Bachelor – so läuft das triale Studium im Handwerk ab

Das triale Studium ist ein echtes Zeitwunder, denn durch den straffen Aufbau und die nahtlose Verzahnung aus Praxis, Studium und Meisterschule führt es schon in rund viereinhalb bis fünf Jahren zu drei vollwertigen Abschlüssen. Zum Vergleich: Würdest du die Abschlüsse nacheinander erwerben, würde das ungefähr doppelt so lange dauern!

Damit die multifunktionale Ausbildung auch wirklich im Eiltempo über die Bühne geht, gibt es einen klar strukturierten Ablauf: In der ersten Hälfte des trialen Studiums liegt der Schwerpunkt auf der praktischen Ausbildung im Handwerksbetrieb, triale Studierende arbeiten also wie normale Auszubildende, besuchen die Berufsschule und legen anschließend ihre Gesellenprüfung ab. Parallel dazu läuft aber schon von Anfang an das begleitende Bachelorstudium, wobei viele Vorlesungen aus Zeitgründen abends oder am Wochenende stattfinden. Zudem werden viele Lehrinhalte selbstständig in E-Learning-Modulen und Studienbriefen erarbeitet.

Nach der erfolgreich abgelegten Gesellenprüfung folgt mit der Weiterbildung zur Meisterin oder zum Meister der zweite Teil des trialen Studiums: Hier besuchen die Studierenden die Meisterschule ihres jeweiligen Handwerks, wobei sie von ihrem Ausbildungsbetrieb üblicherweise für Kurse und Prüfungen freigestellt werden. Gleichzeitig absolvieren sie außerdem weiterhin ihr Studium, im letzten Schritt steht dann die Bachelorarbeit an – das ist normalerweise im neunten Semester der Fall, aber kann je nach Anbieter und individuellem Lernfortschritt auch anders gestaltet sein. Sobald diese Arbeit abgeschlossen ist und auch die Meisterprüfung bestanden wurde, dürfen sich Absolventen dann sowohl Geselle, Meister als auch Akademiker nennen – drei auf einen Streich!

Voraussetzungen: Für wen das triale Studium die richtige Wahl ist

Auf formaler Ebene benötigen interessierte Schulanfänger eine Hochschulzugangsberechtigung, somit richtet sich das triale Studium an Abiturienten und Fachabiturienten, die Lust auf Handwerk haben, aber gleichzeitig mittelfristig auch Führungsverantwortung übernehmen und unternehmerisch tätig sein wollen. Grundsätzlich ist ein triales Studium in jedem Beruf möglich, beispielsweise als Fliesenleger, Maurerin, Tischler oder Elektronikerin – wichtig ist vor allem, dass es sich dabei um einen anerkannten Ausbildungsberuf handelt, bei dem eine Meisterweiterbildung möglich ist.

Für die Ausbildung ist außerdem ein Ausbildungsvertrag mit einem Handwerksbetrieb notwendig, der dann als Partnerunternehmen mit einer Hochschule bzw. Handwerkskammer zusammenarbeitet. Auch bereits ausgebildete Gesellen können einsteigen: Die absolvierte Ausbildungszeit wird dann natürlich angerechnet, sie schließen also „nur“ Meisterschule und Studium ab.

Persönlich sind neben Freude an praktischer Arbeit sowie Interesse an betriebswirtschaftlichen Themen insbesondere ausgeprägte Selbstdisziplin sowie hohe Belastbarkeit und Lernbereitschaft notwendig, denn das triale Studium ist aufwändig und erfordert durch die Mehrfachbelastung obendrein sehr gutes Zeitmanagement. Wer bereit ist, eine lernintensive Studienzeit auf sich zu nehmen und dabei auf etwas Freizeit zu verzichten, wird auf lange Sicht mit einer wertvollen Dreifachqualifikation belohnt, die den Weg für einen gehobenen Karriereweg im Handwerk ebnet.

Karrierechancen und Gehalt: Warum sich das triale Studium lohnt

Mit einem trialen Studium eröffnen sich für Junghandwerker vielseitige Perspektiven – fachlich, finanziell und persönlich. Durch die einzigartige Kombination aus praktischer Erfahrung, Meisterwissen und betriebswirtschaftlichen Know-how hebt sich das triale Studium von herkömmlichen Bildungswegen ab und spart gleichzeitig auch viel Zeit: Was normalerweise ein Jahrzehnt in Anspruch nimmt, erledigen triale Studierende in nur ungefähr fünf Jahren.

Schon direkt nach dem Abschluss steigen viele Absolventen dann sofort in höheren Positionen ein, beispielsweise als Werkstattleiterin oder Projektmanager. Obendrein können sie auch selbst Nachwuchskräfte ausbilden, wenn die Ausbildereignungsprüfung (AEVO) in den Studienplan integriert gewesen ist. Langfristig führt der Weg oftmals in die Selbstständigkeit oder in eine geschäftsführende Rolle, denn durch den Meisterbrief sowie den während des Studiums erworbenen Kenntnissen in Mitarbeiterführung und kaufmännischer Unternehmensleitung sind sie optimal für die Übernahme oder Gründung eines Handwerkerbetriebs qualifiziert.

Und auch finanziell lohnt sich der Einsatz: Als Lehrling erhalten Studierende noch lediglich die reguläre Ausbildungsvergütung, je nach Gewerk sind das zwischen 700 und 1.000 Euro brutto im Monat. Während der Meisterphase gibt es sogar gar kein Gehalt, viele Betriebe leisten aber dennoch finanzielle Unterstützung, zudem stehen zahlreiche staatliche Förderungen wie das Aufstiegs-BAföG zur Verfügung. Nach erfolgreichem Abschluss sind die Gehaltsaussichten aber hervorragend: Als Meister und Akademiker zugleich kannst du als Berufseinsteiger mit einem Startgehalt von 3.000 bis 4.000 Euro brutto pro Monat rechnen, mit wachsender Erfahrung sind dann auch Monatslöhne jenseits der 5.000 Euro keine Seltenheit. Das triale Studium ist also ein Türöffner für Führungspositionen, die lukrativ vergütet werden.

Anbieter für das triale Studium

Da es sich beim trialen Studium noch um ein relativ neues Ausbildungsmodell handelt, gibt es aktuell erst zwei Wege, um ein triales Studium im Handwerk zu absolvieren: über private Hochschulen in Kooperation mit Handwerkskammern oder über staatliche Hochschulen mit Handwerkskooperation.

  • 1) Fachhochschule des Mittelstands (FHM): Die private Fachhochschule des Mittelstands (FHM) ist die Pionierin des trialen Studiums und bietet gemeinsam mit verschiedenen Handwerkskammern den Bachelorstudiengang Handwerksmanagement (B.A.) an. Ursprünglich war das triale Studium nur in Köln möglich, mittlerweile existieren aber auch Programme an den FHM-Standorten Bielefeld, Hannover, Schwerin und Bamberg.
  • 2) Hochschule Niederrhein (Mönchengladbach): Auch im staatlichen Hochschulbereich gibt es mit der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach ein erfolgreiches Paradebeispiel. Dort wird das triale Studium – ebenfalls in Handwerksmanagement – in Kooperation mit der HWK Düsseldorf und den regionalen Kreishandwerkerschaften Mönchengladbach und Niederrhein sowie regionalen Berufskollegs angeboten. Im Gegensatz zur FHM dauert die Ausbildung hier 10 statt 9 Semester.

Insgesamt handelt es sich hier noch um ein Nischenangebot mit immensem Zukunftspotenzial, welches aber bereits überaus positive Ergebnisse erzielt hat und daher immer mehr Interesse auf sich zieht. Seit 2010 haben mehr als 300 Junghandwerker erfolgreich ein triales Studium bewältigt. Diese Zahl dürfte schon bald noch deutlich schneller ansteigen, denn weitere Handwerkskammern und Hochschulen prüfen derzeit eigene Programme.

Fazit: Triales Studium – ein Erfolgsrezept für das Handwerk von morgen

Das triale Studium ist nicht nur ein innovativer und zeiteffizienter Bildungsweg, sondern ein wichtiges Zukunftsmodell für das gesamte Handwerk. Durch die einzigartige Kombination aus Ausbildung, Meisterschule und Hochschulstudium können fähige und motivierte Nachwuchskräfte gewonnen werden, die sich ohne diese Option womöglich für ein reines Studium in einem anderen Bereich entschieden hätten. Mit dem trialen Studium erhalten sie dann eine Ausbildung, die sowohl theoretisch fundiert als auch praxisorientiert ist und sie optimal auf eine spätere unternehmerische Karriere im Handwerk vorbereitet.

Das ist auch für Betriebe ein enormer Gewinn, denn wer ein triales Studium anbietet, kann sich nicht nur ein junges Talent sichern, das handwerklich top ausgebildet ist, sondern hat womöglich bereits den Nachfolger für die zukünftige Betriebsübernahme gefunden.

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