Hallo Benjamin! Bitte stell dich einmal kurz vor.
Gerne, ich bin Benjamin Kolbe, 45 Jahre alt und Inhaber der Tischlerei Kolbe in Hannover-Ahlem. Ich bin staatlicher geprüfter Techniker und Tischler und arbeite mit meinem Team seit 2014 an diesem Standort – und seit über zwei Jahren bin ich auch HERO-Kunde.
Wir freuen uns, dich an Bord zu haben! Erzähl uns gerne einmal von deinem Werdegang als Tischler: Wie war dein beruflicher Weg?
Mein Werdegang als Tischler ging los, als ich 16 war. Ich habe in Bad Harzburg das BGJ, das Berufsgrundbildungsjahr absolviert und bin danach dann in die Lehre nach Goslar gegangen. Die Lehre hatte mich erst nicht so richtig glücklich gemacht, weil mein Ausbildungsbetrieb eigentlich nur Fenster gebaut hat. Ich war zuerst in der Abteilung für Holzfenster und danach in der für Kunststofffenster. Das war damals eine relativ große Firma und es gab nur zwei Gesellen, die sich um klassische Tischlerarbeiten gekümmert haben, der Rest baute Fenster. Nach der Ausbildung bin ich dort noch zwei, drei Monate geblieben und habe erste Erfahrungen als Geselle gesammelt, bevor ich zu einer ganz kleinen Bau- und Möbeltischlerei gewechselt bin. Da haben wir alles gemacht: Wir haben Fenster montiert, Möbel gebaut und auch Bestattungen mit erledigt.
Ihr hattet als Tischler mit Bestattungen zu tun?
Ja genau, das hat man damals als Tischler auch gemacht. Die Särge haben wir nicht selbst hergestellt, die wurden zugekauft, aber man hat die Leute im Leichenwagen abgeholt. Das ist besonders bei kleinen Dorftischlereien üblich, wo das Bestattungsinstitut zur Tischlerei gehört. Das ist noch ein Relikt aus der Zeit, in der die Tischler die Särge gebaut und die Bestattungen direkt mit übernommen haben. Und während ich dort angestellt war, habe ich zwischendurch noch meinen Zivildienst gemacht, bevor ich mich letztendlich dazu entschieden habe, zur Technikerschule zu gehen, um meinen Bautechniker zu machen.

Ich möchte gerne Arbeitsklamotten tragen und mir die Hände schmutzig machen, weil es mir richtig Bock macht, Tischler zu sein!
Benjamin Kolbe
Staatl. gepr. Techniker I Tischler
Warum hast du dich für den Bautechniker anstelle des Holztechnikers entschieden?
Der Bautechniker hat mich einfach mehr interessiert. Ich musste mir dann eine Sondergenehmigung holen, dass ich als Tischler auch den Bautechniker machen darf. Daran fand ich besonders die gewerkeübergreifende Arbeit spannend. In der Bautechniker-Fachrichtung Hochbau habe ich dann auch gelernt, wie Gebäudeentwurfslehre funktioniert und wie Baustellen rechtlich organisiert sind. Mich hat es damals total fasziniert, dass man mit dem Techniker zur Bauvorlage berechtigt ist und Bauanträge stellen darf – bis zur Größe von Einfamilienhäusern. Um mich dann schließlich als Bautechniker im Tischlerhandwerk selbstständig machen zu können, musste ich mir dann wieder eine Sondergenehmigung holen. Denn im Tischlerhandwerk gilt Meisterpflicht und die habe ich ja als fachfremder Techniker genau genommen nicht. Aber am Ende war das alles kein Problem!
Wann hast du dich dann selbstständig gemacht?
Ich bin 2009 nach Hannover gezogen und 2010 habe ich mich mit 30 Jahren selbstständig gemacht. Das ist ja am Anfang immer ein bisschen schwierig: Man hat nicht unbedingt die Mittel, um zum Beispiel eine große Werbekampagne zu finanzieren und ist erstmal froh über jeden Auftrag, den man umsetzen kann. Deswegen war ich mit meinem Team erstmal in einer Gemeinschaftswerkstatt, bevor wir dann 2014 in eine eigene Werkstatt gezogen sind.
Welche Produkte setzt ihr hier um?
Wir sind da breit aufgestellt. Hauptsächlich sind wir eine Bautischlerei und setzen Fenster, Türen und Holzterrassen um. Wir haben aber zum Beispiel auch einen Meister, Helge, und der kümmert sich inzwischen ausschließlich um Möbelprojekte. Teils bauen wir die hier selbst, teils kaufen wir Komponenten zu. Alles, was aus Massivholz besteht, also beispielsweise Tische, ein Bett oder mal eine Hochebene im Bereich Möbelbau / Innenausbau, bauen wir für den Kunden selbst. Und Objekte, die aus Spanplatten gefertigt werden, also Einbauschränke oder Dinge, die zur Küche gehören, kaufen wir zu und verbauen sie anschließend. Das heißt, um solche Aufträge umzusetzen, gehen wir zum Kunden und planen Objekte so, wie er es gerne hätte – inklusive der ganzen Materialvielfalt und der Ausstattungsvarianten und so weiter. Die Objekte werden dann vom Zulieferer gefertigt und in unsere Werkstatt geliefert. Oft ist es so, dass wir Gegenstände in der Werkstatt bereits zusammenbauen, manchmal auch mit Massivholzkomponenten ergänzen und sie dann vor Ort beim Kunden montieren.
Warum fertigt ihr nicht alles in der Werkstatt an?
Das hat den Hintergrund, dass wir vom Platz her – wir haben hier 350 Quadratmeter Halle – gar nicht den Raum haben, um die Maschinen aufzubauen, die man heute braucht, um z. B. Spanplattenmöbel konkurrenzfähig zu bauen. Man braucht dafür einen Kantenautomaten und eine CNC-Maschine, also eine computergesteuerte Fräse, die beide viel Platz wegnehmen. Um die unterzukriegen, müssten wir ganz schön umstrukturieren und wären dann an einem Punkt, wo wir nur noch Möbel machen würden. Und dafür finde ich das Tischlerhandwerk zu vielseitig und mag auch die Abwechslung viel zu gerne. Gerade kommen wir zum Beispiel von einem Aufmaß-Termin wieder: Wir werden bei einem Ladenlokal, bei dem die Fassade unter Denkmalschutz steht, neue Fenster und eine neue Eingangstür einbauen und zu dem Zweck haben wir uns mit dem Bauherrn und dem Architekten getroffen. Sowas finde ich total interessant. Gerade im Denkmalschutz, wenn wir zum Beispiel Fenster- und Türlösungen für historische Fassaden entwickeln, um die alte Optik zu erhalten. Das ist ein total spannendes Thema und das reizt mich mehr als der Spanplattenschrank.
Verständlich! Und hast du mal überlegt, eine noch größere Werkstatt anzumieten?
Nein, nicht wirklich. Also wir hätten das Potenzial uns weiterzuentwickeln und könnten bestimmt auch noch eine größere Halle nutzen, aber ich habe den Antrieb jetzt nicht mehr, ein möglichst großes Unternehmen auf die Beine zu stellen – und ich will Spaß an meinem Beruf haben! Ich möchte gerne Arbeitsklamotten tragen und mir die Hände schmutzig machen, weil es mir einfach Bock macht, Tischler zu sein. Ich bin das einfach richtig gerne und dieses Unternehmerische gehört zwar auch dazu, aber das ist nicht mein Hauptfokus, wenn ich morgens aufstehe und arbeiten gehe. Jeder definiert sein berufliches Ziel ja anders und für mich ist es so, dass diese Halle die optimale Größe hat, sodass ich mich als Inhaber in meinem Handwerk immer noch ausleben kann. Wir waren hier auch schon mal größer, aber das war zu stressig und die Größe, die wir jetzt haben, ist wirklich toll und ich behalte den Überblick über alle Projekte.
Wie lange hat es bei dir gedauert, bis du dich in deinem Handwerk sicher gefühlt hast? So, dass du dachtest, jetzt kann ich jeden Auftrag umsetzen, den ich bekomme.
Das ist ein bisschen eine Frage des Selbstbewusstseins. Man braucht eine Strategie, wie man an die Sachen rangeht – das habe ich mir damals in der Lehre schon gedacht. Zu der Zeit habe ich einen Zimmerergesellen kennengelernt, der immer so eine tolle Herangehensweise an die Dinge gehabt hat. Dabei ging es gar nicht darum, wie man Aufgaben fachlich richtig ausführt, sondern um die positive Art und Weise, an Aufgaben heranzugehen. „Wir machen das schon“, hat er immer gesagt und sich auch selbst regelmäßig gelobt. Und das ist einfach eine schöne Herangehensweise, um sich in seinen Handlungen sicher zu fühlen. „Ich weiß, ich kann schrauben, ich weiß, ich kann sägen, ich weiß, ich kann bohren.“ Und wenn man sich dieser Sachen bewusst ist, kann man Aufgaben viel besser angehen. Ein gesundes Maß an Selbstbewusstsein ist also wichtig, aber ein bisschen Demut gehört im Handwerk auch dazu. Wenn ich zum Beispiel ein ganz tolles Stück Holz habe, eine tolle Bohle, die schon 150 Jahre als Baum irgendwo im Wald stand und ich bearbeite die jetzt, dann muss ich mir schon sicher sein, dass ich etwas Gutes daraus baue. Diesen Baum hat es schon lange vor mir gegeben und ich komme da jetzt mit meiner Säge an. Da muss ich mir in dem, was ich tue, sicher sein und dem Material eine gewisse Wertschätzung entgegenbringen. In der Planung von Aufgaben bin ich mir heute also ab und zu immer noch nicht ganz sicher, inwiefern wir bestimmte Anfragen umsetzen können. Dann muss man sich dann die Zeit nehmen und ein Projekt von Anfang bis Ende durchdenken, bevor man eine Entscheidung trifft.
Wie sieht deine typische Arbeitswoche aus?
Ich komme montags morgens her und habe etwa eine Stunde Anfahrt, da ich mittlerweile nicht mehr in Hannover wohne. Ich fahre aber nicht jeden Tag nach Hause: Ich habe mir hier eine kleine Dienstwohnung eingebaut und bleibe maximal zwei Nächte pro Woche in der Werkstatt, um in Ruhe noch ein paar Dinge zu schaffen, nachdem der Rest des Teams Feierabend gemacht hat. Dafür arbeite ich freitags nicht mehr so viel und bin im Home Office – also ist meine Woche ein bisschen komprimierter. Bevor die anderen morgens kommen, bereite ich für alle Kaffee vor und wir starten dann gemeinsam in den Tag – das ist mir sehr wichtig. In unserer morgendlichen Kaffee-Runde kann man dann mit jedem ein bisschen schnacken und sich vergewissern, dass es den Leuten gut geht. Als Chef möchtest du ja, dass sich die Leute wohlfühlen und du musst ein Auge dafür haben, zu erkennen, wenn etwas nicht in Ordnung ist – da achte ich sehr drauf. Und dann geht die Arbeitswoche los, das heißt, wir gucken zusammen auf den Planer, checken, wer was macht, und fahren auf die Baustellen bzw. arbeiten an unseren Projekten in der Werkstatt. Mit meinen beiden Meistern bespreche ich dann noch, was bei denen die Woche ansteht und ob sie neben der Auftragsbearbeitung im Büro ebenfalls zu Kunden fahren. Und dann versuche ich eigentlich immer einmal selbst „an die Säge” zu kommen, bevor dann ruckzuck schon wieder Donnerstagabend ist.
Schön, dass du die Zusammenarbeit im Team so hervorhebst!
Ja, ein vernünftiges Miteinander ist einfach super viel wert. Man verbringt hier so viel Zeit miteinander und da ist es wichtig, dass es für alle Seiten ein guter Deal ist. Ich kann sagen, dass ich hier mit jedem einzelnen super gerne zusammenarbeite und dass es mir wichtig ist, dass meine Mitarbeitenden mit mir darüber sprechen können, wenn sie zum Beispiel mit einer Aufgabe nicht so gut zurechtkommen oder von mir nicht richtig eingesetzt werden. Fingerspitzengefühl für das erfolgreiche Miteinander sollte meiner Meinung nach jedem Unternehmer wichtig sein. Es zahlt sich am Ende des Tages einfach aus und man bekommt eine bessere Leistung zurück, wenn man auf seine Mitarbeitenden eingeht und sie nach ihren Stärken einsetzt.
Wofür setzt du deine Mitarbeitenden denn ein, also was macht ein Geselle und was ein Meister?
Der Geselle setzt im Grunde das um, was der Meister oder der Techniker plant. Er bekommt einen Auftrag, fährt zur Baustelle bzw. zum Kunden und hat die Verantwortung dafür, einen Auftrag korrekt umzusetzen. Und ganz wichtig: Der Geselle bildet letzten Endes auch die nächste Generation aus. Der Azubi lernt das Handwerk zum Teil in der Berufsschule, aber während der Arbeitszeit ist er meist mit den Gesellen unterwegs. Somit ist der Geselle ebenfalls verantwortlich für die Qualität der Ausbildung. Je nachdem, wie gut der Geselle ist, Dinge erklärt und dich sinnvolle Aufgaben ausführen lässt, ist deine Ausbildung erfolgreicher. Der Geselle ist somit das Vorbild für den Azubi. Ich kenne das selber aus meiner eigenen Ausbildung: Ich war damals gar kein selbstbewusster Mensch und mir fehlten noch sehr viele Skills. Es war ein harter Weg, in das Handwerk hineinzukommen und ein vollwertiger Geselle zu werden. Ich war dann immer froh, wenn wir Türen und Fenster gemacht haben, dann konnte ich glänzen! Aber bei anderen Sachen musste ich mich dann noch ganz schön reinarbeiten und mich viel weiterentwickeln. Besonders im Vergleich zu den anderen Gesellen: Die konnten das alles schon so gut – die waren für mich richtige Superhelden! Aber zurück zu unseren Meistern: Mareike ist mittlerweile hauptsächlich im Büro und die erste Ansprechpartnerin für unsere Kunden – und das macht sie auch schon lange richtig gut. Und unser anderer Meister, Helge, ist unser Ansprechpartner für die Möbelprojekte. Er bearbeitet seine Projekte eigentlich von Büro bis Baustelle komplett selbst und auch er erledigt seine Aufgaben richtig gut.
Welche Projekte setzt du in deinem Betrieb am liebsten um?
Ich mache eigentlich alles gerne, aber am meisten geht mir das Herz bei Denkmalschutzprojekten mit Fenstern auf. Das finde ich echt toll und da habe ich ein richtiges Auge für. Wenn man sich eine alte Hausfassade mit Zierelementen vom Maurer anschaut und dann Fenster einbauen soll, die dem Ursprung und den Denkmalschutzrichtlinien entsprechen, ist das schon eine tolle Aufgabe. Da macht dann auch die Montage der Fenster viel mehr Spaß, denn man gestaltet die Fassade mit und verändert sie im Positiven. Also überall da, wo Fenster gestalterische Elemente sind, gefällt mir die Arbeit richtig gut. Ansonsten ist es natürlich auch schön, bei gutem Wetter z. B. eine Holzterrasse zu bauen. Manchmal sind das ja richtige Bauwerke, auf denen am Ende 30 Leute Platz haben und einen schönen Abend verbringen. Aber das springt immer hin und her, was mir am besten gefällt. Ich arbeite auch super gerne in der Werkstatt und finde es einfach toll, ein Stück Holz auf die Säge zu legen und mir zu überlegen, was ich daraus machen kann.
Wie verändert sich der Einsatz und die Verfügbarkeit von Materialien?
Die sibirische Lärche ist beispielsweise schon vor dem Ukraine-Krieg rückläufig gewesen und mittlerweile gibt es sie gar nicht mehr auf dem Markt. Lärchenholz wächst in Sibirien in einer relativ kalten Umgebung. Es wächst langsam und ist dementsprechend wesentlich härter und spröder als das Holz von unserer heimischen Lärche. Das sibirische Lärchenholz wurde viel für den Bau von Fensterkanteln verwendet, findet aktuell aber gar nicht mehr statt. Als Äquivalent dazu hält die kanadische Lärche hier langsam Einzug auf dem Markt. Und ansonsten, das hatte ich tatsächlich eben gerade auf einer Baustelle, gibt es neue Alternativen zum Tropenholz Meranti, das ist eine Art Mahagoni. Meranti wird auf Plantagen angebaut, ist relativ hart, aber wächst sehr langsam und hat natürlich einen weiten Weg hierher. Anstelle von Meranti kann man jetzt Red Grandis verwenden. Das ist ein schönes Holz, wächst viel schneller und eignet sich ebenfalls gut für den Fensterbau. Solche Veränderungen hat man immer mal wieder, aber unsere klassischen Hölzer wie Eiche oder Buche sind immer da.
Und was ist dein Lieblingsholz?
Das wechselt immer mal ein bisschen, aber ich bin ein totaler Fan von Esche. Eschenholz ist von der Maserung ein bisschen so ähnlich wie das Holz der Eiche und das finde ich total schön.
Inwiefern bekommst du mit, dass es Missverständnisse über den Tischlerberuf gibt?
Viele haben eine zu romantische Vorstellung vom Beruf des Tischlers. Die stellen sich vor, dass man immer nur in seiner Werkstatt am Hobeln ist, mit Bleistift hinterm Ohr. Mit den besten Werkzeugen macht man tolle Holzverbindungen oder baut stylische Möbel. Viele denken, dass das der Tischler ist – aber Tischlersein ist auch zu sagen: „Wir haben jetzt ein 8-Familien-Haus, das neu gebaut wird. Da kommen 120 Zimmertüren rein, die nimmst du aus dem Karton, trägst die hoch und baust die da einfach nur stumpf ein.” Und hinterher sind es einfach nur weiße Zimmertüren, die man vielleicht vier Wochen am Stück einbauen muss. Mir persönlich macht das auch Spaß, aber das ist oft nicht das, was sich Leute unter dem Tischlerhandwerk vorstellen. Dementsprechend gibt es definitiv viele Missverständnisse, die besonders durch Social Media verstärkt werden, denn da werden ja meist nur die spannenden Dinge über den Beruf geteilt.
Was sind eure größten Herausforderungen im Alltag?
Für mich ist die größte Herausforderung, so wirtschaftlich wie möglich zu handeln. Also, einen guten Flow aufrechtzuerhalten, mit möglichst wenig unproduktiven Zeiten und sinnvoller Terminplanung. Es ist dieses Fingerspitzengefühl, Tage und Wochen so zu planen, dass keiner überlastet ist, Überstunden machen muss oder nach einem halben Arbeitstag nichts mehr zu tun hat. Es ist natürlich toll, wenn jemand früher fertig ist, aber dann ist es wichtig, neue Aufgaben bereitzuhalten, damit kein Leerlauf entsteht. Das ist das Hauptding und da gehört eine Menge dazu. Nicht nur von mir, sondern auch von unseren Meistern. Hier sind besonders Weitblick und Erfahrungswerte wichtig, um Kapazitäten richtig einzuschätzen. Ich glaube, das ist ein riesengroßer Erfolgsfaktor für die Führung eines Betriebs.
Letzte Frage: Was denkst du, wie wird sich das Tischlerhandwerk in der Zukunft verändern?
Unser Handwerk ist schon seit vielen Jahren im Wandel. Früher haben die kleinen Betriebe, so wie wir, alles Mögliche gemacht. Vor 30, 40 Jahren hat jede Tischlerei ihre Türen und Fenster selbst gebaut und generell alles irgendwie selbst produziert. Irgendwann ist die Produktion von Zimmertüren dann industrialisiert worden, sodass es dann eigene Betriebe gab, die sich explizit auf die Produktion von Zimmertüren spezialisiert haben. Ich würde sagen, das ist das Erste, das „industrialisiert” wurde und danach ging es mit den Fenstern ähnlich weiter. Für die Herstellung von Kunststofffenstern braucht man spezielle, teure, computergesteuerte Maschinen, die deutlich schneller arbeiten und eine höhere Qualität liefern. So haben sich wieder neue Unternehmen mit dem Fokus auf die Fensterproduktion entwickelt und wir als kleiner Laden bauen jetzt gar keine Kunststoff- oder Holzfenster mehr, sondern planen sie und kaufen sie bei unseren Lieferanten zu. Ähnliches ist in den letzten Jahren dann auch in der Produktion von Möbeln passiert. Mittlerweile planen, messen und beraten wir den Kunden nur noch selbst, kaufen aber das fertige Produkt größtenteils zu, um es schließlich zu montieren. Teilweise ergänzen wir diese Möbel hier noch mit Massivholzelementen. Massivholzmöbel, spezielle Türen, kleinere Treppen, Holzverkleidungen und vieles andere bauen wir hier immer noch in Eigenarbeit, aktuell sind 70-80 % bei uns aber hauptsächlich Montagetätigkeiten – also ein deutlicher Wandel der Arbeitsrealität. Wir kaufen jetzt also Objekte zu, um wirtschaftlicher zu arbeiten, achten aber trotzdem darauf, dass wir die Dinge, die wir hier herstellen können, auch immer noch selbst produzieren. Das ist der grundsätzliche Wandel, der im Tischlerhandwerk stattfindet.
Vielen Dank für das Interview, Benjamin!
Und übrigens: Wir waren im letzten Jahr schon einmal zu Gast in der Tischlerei Kolbe und haben auch mit Benjamin Kolbes Azubis gesprochen. Alles zur Ausbildung als Tischler erfährst du in unserer Reportage zum Betrieb.

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